Aargau/Solothurn

19-Jähriger vergewaltigt 15-Jährige, während er schlafwandelt – Freispruch

Bezirksgericht Kulm

19-Jähriger vergewaltigt 15-Jährige, während er schlafwandelt – Freispruch

02.09.2023, 09:03 Uhr
· Online seit 02.09.2023, 07:45 Uhr
Es klingt unglaublich, soll aber tatsächlich passiert sein: Vor vier Jahren soll ein junger Mann eine Jugendliche mehrfach vergewaltigt haben, während er schlafwandelte. Der Beschuldigte wurde freigesprochen.
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In einer Oktobernacht 2019 hat ein damals 19-Jähriger eine 15-Jährige mehrfach vergewaltigt – davon hat er aber nichts mehr gewusst. Was auf ein Blackout durch Alkoholkonsum schliessen lässt, hat hier aber tatsächlich andere Gründe. Wie die «Aargauer Zeitung» schreibt, leidet der junge Mann wahrscheinlich an Parasomnie – im Volksmund besser bekannt als Schlafwandeln.

Das Sperma des Beschuldigten wurde am Opfer nachgewiesen

Das 15-jährige Opfer lag mit ihrer besten Freundin und deren Freund im Bett. In der Wohnung übernachteten auch noch andere Jugendliche. Als sie plötzlich durch Berührungen des Täters geweckt wurde, sagte sie nein und stiess seine Hand weg. Das hat jedoch nichts gebracht. Er vergewaltigte sie mehrfach – das Opfer stand derweil unter Schock und war nicht mehr in der Lage zu schreien.

Der Beschuldigte bestritt später sämtliche Vorwürfe, er sei lediglich einmal aufgewacht, kurz aufgestanden und sei dann wieder zurück ins Bett, um sich schlafen zu legen. Er willigte in einen DNA-Test ein. Dieser bewies jedoch, dass sein Sperma am Opfer gefunden worden war. Der Moment, als er dies erfuhr, wurde auf Video aufgenommen. Dem Gericht zufolge zeigte er eine grosse Betroffenheit, als er damit konfrontiert wurde.

Beschuldigter sei weder manipulativ noch überintelligent

Aufgrund der speziellen Situation wurden Gutachten vom damals 19-jährigen Täter erstellt. Der forensische Psychiater Marc Graf sagte vor Gericht aus, dass er, als er gehört hat, dass die Verteidigung die Vergewaltigung mit einer Schlafstörung rechtfertigen wollte, sich zuerst dachte: «Nice try» – also «netter Versuch». Doch dann habe er sich mit dem Fall befasst und der Beschuldigte sei tatsächlich ein Schlafwandler. Das allerdings beweist nicht, dass er in besagter Nacht auch wirklich geschlafwandelt habe.

Auch manipulative Tendenzen oder eine Überintelligenz wurden beim Angeklagten untersucht: ohne Erfolg. «Aus medizinischer Sicht ist es wahrscheinlicher, dass sich der Beschuldigte im Tatzeitraum nicht bewusst und aktiv über die Interessen des Opfers hinweggesetzt hat», so das Fazit Grafs.

Die Richterinnen und Richter kamen zum selben Urteil und sprachen den jungen Mann frei. «Wir haben keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Opfers», machte Gerichtspräsidentin Thöny Fäs klar.

Opfer muss Gerichtskosten zahlen

Da es aus rechtlicher Sicht keine Möglichkeit gibt, die Gerichtskosten auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschuldigte freigesprochen wurde, muss das Opfer die Gerichtskosten bezahlen. Es handle sich beim Fall um einen sehr speziellen Fall, sagte Fäs. «Wir hoffen und wünschen, dass beide das, was passiert ist, verarbeiten und mit ihrem Leben weitermachen können.» Man sei sich bewusst, dass das Opfer und der Beschuldigte bis heute unter dem Vorfall leiden. Zudem betonte sie, dass das Urteil kein Freipass für sexuelle Übergriffe sei.

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(crb)

veröffentlicht: 2. September 2023 07:45
aktualisiert: 2. September 2023 09:03
Quelle: ArgoviaToday

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