Wenn man beim Spazieren einen Listenhund kreuzt, dann wechseln einige auf die andere Strassenseite. Denn in unseren Köpfen entsteht ein Bild von diesen grossen bösen Hunden, die es immer wieder in Schlagzeilen schaffen. Wer in der Schweiz deshalb einen Listenhund hält, der muss so einige Vorschriften einhalten. So auch ein 39-Jähriger aus dem Bezirk Lenzburg: Der Halter eines American Pitbull Terrier hätte vor dem Erwerb des Hundes kurz vor Weihnachten im Jahr 2022 beim Kanton eine Bewilligung beantragen müssen. Das, weil es sich bei dem American Pitbull Terrier um einen Rassetyp mit erhöhtem Gefährdungspotential handelt. Die nicht eingeholte Haltebewilligung kam ihn teuer zu stehen, die Staatsanwaltschaft Aargau verurteilt den 39-Jährigen nämlich zu einer Busse von 100 Franken sowie Gebühren in der Höhe von 317 Franken.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
Oft sind Listenhunde jedoch nicht gefährlicher als andere, sagt Roman Huber, ausgebildeter Hundetrainer, gegenüber ArgoviaToday: «Es kommt auf ein gutes Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier an.»
Unterschiedliche Regelungen in Kantonen
815 Listenhunde sind im Kanton Aargau stand heute registriert. Dazu gehören unter anderem American Staffordshire Terrier, Bull Terrier, Staffordshire Bull Terrier. Auch Mischlinge, welche mit diesen Rassen gekreuzt wurden, gehören zu den Listenhunden. «Im Aargau sind die Rassen, die historisch gesehen zu den Kampfhunden zählen, also solche, welche früher Hundekämpfe und Kämpfe gegen andere Tiere durchführten, bewilligungspflichtig», sagt Michel Hassler, Sprecher des zuständigen Kantonalen Departements DGS. Dazu kommt der Rottweiler als grosser, schwerer, anspruchsvoller und beliebter Rassehund.
Die Einschränkung für diese Hunderassen gilt jedoch nur im Kanton Aargau. Für welche Hunderasse bestimmte Einschränkungen oder sogar Verbote gelten, unterscheidet sich von Kanton zu Kanton. So ist beispielsweise im Kanton Solothurn der Dobermann bewilligungspflichtig, im Kanton Aargau jedoch nicht. Im Kanton Zürich ist der American Bull Terrier gänzlich verboten. Hier eine genaue Liste.
Wer sich dazu entscheidet, im Kanton Aargau einen Listenhund zu halten, der muss, um an eine Bewilligung zu gelangen, verschiedene Voraussetzungen einhalten. Dazu gehören:
Sozial mit Menschen, aggressiv bei Artgenossen
Dass es solch harte Vorschriften für Listenhunde gibt, ist laut Hassler berechtigt: «Die Hunde zeigen sich häufig sehr sozial gegenüber Menschen, jedoch weniger gegenüber Artgenossen.» Deshalb ist es wichtig, dass Listenhunde gut sozialisiert und an andere Hunde und Tiere gewöhnt werden. «Das Problem liegt oftmals darin, dass viele dieser Hunde nicht aus offiziellen, anerkannten und kontrollierten Zuchten stammen und schlecht sozialisiert sind. Eine schlechte Verpaarung und eine schlechte Aufzucht, bei der die Welpen nichts ausser der Welpenbox kennenlernen, ist kein guter Start ins Leben», so Hassler.
Eine Halteberechtigungspflicht ermöglicht dem Kanton damit eine Überprüfung der künftigen Hundehaltenden sowie der Herkunft der Hunde. Sobald eine Person die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, wird der Antrag gutgeheissen. Die Kosten für die Halteberechtigungsgebühr beläuft sich auf 150 Franken. Falls diese jedoch nicht eingeholt wird, dann wird eine Person aufgefordert, eine zu beantragen oder es folgt, wie bei dem 39-Jährigen aus dem Bezirk Lenzburg, eine Anzeige. Bei Bedarf kann der Veterinärdienst den Hund sogar beschlagnahmen.
«Listenhunde sind nicht gefährlicher als andere Rassen»
Doch genau solche Listen werden von vielen Hunde-Liebhabenden kritisiert. Sie stellen die Rassen auf den Listen oftmals ungerechtfertigt in ein schlechtes Licht und erwecken in der Bevölkerung Angst und Schrecken, wird moniert. «Es gibt keine gefährlichen Hunde, ein Verbot oder eine Einschränkung von verschiedenen Rassen ist somit nicht legitim», sagt Hundetrainer Huber. Die Liste vermittle der Bevölkerung ein falsches Bild: «Viele Haltenden denken, dass man mit Listenhunden strenger umgehen muss. Sie erheben teils auch die Hand gegen die Tiere oder ziehen stark an der Leine, sie sollen ja schliesslich aggressiv sein. Deshalb gewöhnen sie den Tieren mit solchen Signalen falsche Verhaltensweisen gegenüber Menschen an.» Die Zusammenarbeit zwischen Hund und Mensch muss laut dem Experten bei allen Hunden intensiv und richtig trainiert werden. «Da spielt es auch keine Rolle, ob der Hund nun auf einer Liste ist oder nicht.»
Dem Begriff «Kampfhund» steht Huber ebenfalls kritisch gegenüber: «Einen Rassetyp Kampfhund gibt es nicht.» Mit dem Verbot der Hundekämpfe im Jahr 1835 veränderte sich auch die Hundezucht. Ab dann lag der Schwerpunkt der Zucht der Tiere nicht mehr auf ihrer Kampffähigkeit und Aggressivität, sondern auf der Schönheit und beim Wesen als friedlicher Familienhund.
Dass ein Listenhund kein blutrünstiger Vierbeiner ist, zeigt die Hauptzuchtwartin des Schweizerischen Rottweiler-Clubs.
Quelle: ArgoviaToday / Severin Mayer
So solle man anstelle von Rassenlisten, -verboten und andern Massnahmen die gezielten Massnahmen der tierschutzrechtlichen Bestimmungen stärken. «Das beinhaltet die Kontrolle der Zucht, Haltung und Ausbildung.» Denn vor allem Listenhunde, welche aus dem Ausland importiert werden, besitzen solche falschen Verhaltensweisen.