«Schnauze voll!»

Mieter der Neubauwohnungen im Aarauer «Gleis 0» sind frustriert

· Online seit 10.01.2022, 07:18 Uhr
Im Juli 2018 zogen die ersten Mieter ins Aarauer «Gleis 0» ein. Jetzt müssen einige ihre Wohnung temporär räumen, weil saniert werden muss. Das Problem: Der Weissputz an den Wänden und Decken. Der Frust bei den betroffenen Mietparteien ist gross.
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Vor gut einem Monat fanden alle Bewohner des «Gleis 0» in Aarau einen Brief der Verwaltung in ihrem Briefkasten vor. Im Schreiben, welches ArgoviaToday vorliegt, heisst es: «Leider mussten wir feststellen, dass der verwendete Weissputz teilweise Mängel aufweist. Gemäss unseren Experten lässt es sich nicht vermeiden, dass wir diese umfassend sanieren und der bestehende Weissputz entfernt und neu aufgetragen wird.» Bedeutet konkret: Der Putz blättert von den Decken, und deshalb müssen einzelne Bewohnerinnen und Bewohner aus ihren Wohnungen vorübergehend ausziehen, damit die Mängel behoben werden können.

An sich sind die Sanierungsarbeiten nicht der Rede wert – die ersten Wohnungen im «Gleis 0» wurden jedoch erst vor knapp drei Jahren bezogen. Wie kann es also sein, dass nach so kurzer Zeit bereits Sanierungen nötig sind? Wurde beim Bau gepfuscht? Der Immobilien-Dienstleister Wincasa AG, der das «Gleis 0» verwaltet, schreibt auf Anfrage, dass die Feuchtigkeit des Betons zum Zeitpunkt der Montage wohl zu hoch gewesen sei. Eine Gefahr für die Bewohnerinnen und Bewohner bestehe aber nicht und die Wohnungen blieben bewohnbar. Man bedaure die Umstände sehr, betreue die betroffenen Mieterinnen und Mieter individuell und würde sie für die Unannehmlichkeiten entschädigen.

Unmut bei den Mieterinnen und Mietern

Trotzdem: Die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Wohnungen müssen für bis zu zehn Tage ausziehen. Per Plattform «Doodle» können sie den Zeitraum, in dem sie ausquartiert werden, immerhin noch selber wählen – ein schwacher Trost.

Im Brief an die Mieter ist der Ablauf folgendermassen geschildert:

Die betroffenen Pechvögel sind frustriert. «Wir haben die Schnauze voll», lässt sich eine Mieterin gegenüber ArgoviaToday aus. «Es ist ein richtiger Kampf, von der Verwaltung erhalten wir keine Rückendeckung und wir erreichen sie auch nicht.» Der Weissputz ihrer Wohnung muss neu aufgestrichen werden und dementsprechend müsste sie die Wohnung für zehn Tage verlassen. «Bei einer Nachbarin wurde der Verputz schon einmal erneuert, dieser kommt jetzt wieder runter und muss nun nochmal neu verstrichen werden.» Der ganze Ablauf sei schlichtweg inakzeptabel, so die Mieterin.

Vermieterin rechnet mit dauerhaften Auszügen

Das Chaos hat Konsequenzen: «Viele Leute sind bereits aus dem Wohnblock ausgezogen, und auch wir werden ausziehen. Jetzt ist einfach fertig. Ich habe viel zu viele Nerven gebraucht für diesen ganzen Mist», so die Mieterin weiter. Die Höhe sei, dass es sich um einen Neubau handelt. «Kleine Defekte oder Mängel sind ja normal, aber nicht in diesem Ausmass, nicht wenn viele Bewohner zehn Tage ausziehen müssen. Das ist nicht machbar.»

Ein anderer Bewohner schlägt gegenüber ArgoviaToday zwar ruhigere, aber nicht weniger kritische Töne an: «Ich glaube nicht, dass die das in zehn Tagen schaffen.» Wo er während der Sanierung seiner Wohnung untergebracht wird, weiss er noch nicht. Über eine Entschädigung sei er nicht informiert worden. Und auch er zieht nun in Erwägung, aus dem «Gleis 0» auszuziehen. Die Wohnung räumen müsse er ja ohnehin.

Auch die Verwaltung ist sich offenbar bewusst, dass sie durch die Sanierung einige Mieter verlieren wird. Im Brief an die Bewohner schreibt sie: «Uns ist bewusst, dass Sie durch die bereits erfolgten Ausbauten und die jetzt folgenden Sanierungsarbeiten gegebenenfalls einen Auszug in Erwägung ziehen. Die Eigentümerschaft respektiert dies und bietet daher ein verkürztes Kündigungsverfahren bis 31. Mai an.»

(mfr/lba)

veröffentlicht: 10. Januar 2022 07:18
aktualisiert: 10. Januar 2022 07:18
Quelle: ArgoviaToday

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