Kampfflugzeug-Absturz

Verteidiger fordert Freispruch für abgestürzten Patrouille-Suisse-Piloten

· Online seit 20.12.2022, 19:27 Uhr
Im Prozess zum Flugunfall der Kunstflugstaffel Patrouille Suisse in den Niederlanden 2016 wird der Verteidiger des angeklagten Piloten wohl auf Freispruch plädieren. Dies geht aus einem Gespräch des Verteidigers mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hervor.

Quelle: Tele M1

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Es könne nicht sein, den Auftrag zu einem risikobehafteten Flugmanöver zu erhalten, um dann im Falle eines Unfalls bestraft zu werden, sagte der Verteidiger. Er hielt sein Plädoyer an der mehrere Tage dauernden Verhandlung am Militärgericht 2 noch nicht. Angeklagt ist der 37-jährige Pilot des abgestürzten Kampfflugzeugs.

Der Strafantrag des Anklägers ist offen. Dieser wollte keinerlei Angaben machen. In einem ähnlichen Fall vor dem gleichen Militärgericht Ende 2020 hatte die Anklage eine bedingte Geldstrafe gefordert. Es ging um den Absturz eines F/A-18-Kampfjets im französischen Jura 2015. Das Militärgericht sprach den Piloten letztlich frei.

Am zweiten Tag der Verhandlung zum Unfall der Patrouille Suisse standen vor dem Militärgericht 2 verschiedenen Expertenaussagen im Zentrum. Ein Ausbilder der Luftwaffe führte aus, der Pilot habe den Tiger über ihm wohl nicht gesehen. Der Pilot habe wohl am Schluss realisiert, dass räumlich etwas nicht korrekt gewesen sei.

Näher am zweiten Tiger als vermutet

Es sei offen, was der Pilot alles realisiert habe. «Er war sich wohl nicht bewusst, dass er so nahe war.» Das intuitive Situationsbewusstsein habe offenbar nicht der tatsächlichen Situation entsprochen. Die Kollision hätte nur verhindert werden können, wenn der Pilot realisiert hätte, dass er zu nahe gewesen sei – und dann wäre er weiter geradeaus geflogen.

Ein ein weiterer Experte bestätigte, dass das letztlich beim Trainingsflug abgestürzte F5-Tiger-Kampfflugzeug vor der Kollision langsamer unterwegs war als das zweite Kampfflugzeug. Der relative Unterschied betrug 54 Kilometer pro Stunde. Das entspricht einer Differenz von 14 Metern pro Sekunde.

Quelle: Tele M1

Der abgestürzte Tiger befand sich bei der Kollision unter dem anderen Tiger in einer Rechtsdrehung um die eigene Längsachse – also in einer Querlage, wie aus der Befragung von Experten hervorging. Sie stützten sich auf die Schäden an den Maschinen. Die Rechtsdrehung sei nicht die Folge der Kollision gewesen, sondern die Ursache der Kollision, hiess es.

Öffentliche Verhandlung im Kultur- und Kongresshaus

Gemäss Expertenaussagen hatte der Pilot der abgestürzten Maschine das zweite, von hinten kommende Flugzeug nicht gesehen. Die Sicht nach hinten sei bei einem Tiger «sehr eingeschränkt». Der Pilot des oberhalb herannahenden Flugzeugs konnte nach der Kollision sicher landen.

Während eines Trainingsflugs für die «Netherland Air Force Open Days» waren am Nachmittag des 9. Juni 2016 zwei Kampfflugzeuge vom Typ «Northrop F-5 E Tiger II» der Patrouille Suisse in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes Leeuwarden kollidiert.

Vor dem Militärgericht muss sich der Pilot des abgestürzten Tigers verantworten. Der Armeepilot im Grad eines Majors hatte sich mit dem Schleudersitz retten können. Die Maschine stürzte ab und wurde zerstört.

Noch weitere drei Tage wird die Verhandlung vor dem Militärgericht, welche im Kultur- und Kongresshaus Aarau stattfindet, dauern. ArgoviaToday wird dich über den Prozess auf dem Laufenden halten.

(sda/sib)

veröffentlicht: 20. Dezember 2022 19:27
aktualisiert: 20. Dezember 2022 19:27
Quelle: ArgoviaToday

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