Olten

Warum fehlt vielerorts das Bio-Poulet im Angebot?

20.04.2023, 17:49 Uhr
· Online seit 20.04.2023, 16:56 Uhr
In der Facebook-Gruppe «Olten» wurde kürzlich heftig über Bio-Poulet diskutiert. Der Grund: Die Migros in Olten Hammer hatte gemäss einem Kunden kein Bio-Poulet. Unsere Recherchen zeigen: Auch in den Metzgereien fehlt das Bio-Poulet. Aber warum?
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Ein User schreibt auf Facebook, er sei in der Migros Hammer in Olten gewesen und habe an der Fleischtheke mit der Verkäuferin gesprochen. «Ich fragte sie, warum kein Bio-Pouletfleisch im Angebot sei. Ihre Antwort: Es sei zu teuer und bleibe darum liegen. Sie hätten es versucht, niemand habe es gekauft.»

Daraufhin entbrennt in der Facebook-Gruppe «Olten» mit ihren fast 10'000 Mitgliedern eine heisse Diskussion. Über 60 Kommentare wurden verfasst. «Sehr schade, ich kaufe ausschliesslich Bio-Fleisch aufgrund der Tierhaltung. Dann gibt es eben weniger Fleisch, dafür mit keinem schlechten Gewissen», schreibt eine Frau.

Ein weiteres Mitglied der Gruppe merkt an: «Choufe mis Fleisch scho lang nome no bem Metzger, cha gar nöm andersch.» Und auch ein anderer Nutzer macht sich dazu Gedanken. Er fragt sich, ob man bei der Metzgerei überhaupt Bio-Poulet kaufen könne. Die Antwort ist Nein.

Darum gibt es kein Bio-Poulet in der Metzg

Nicht nur in der Hammer-Migros gibt es offenbar kein Bio-Poulet, auch bei den lokalen Metzgereien sucht man es vergeblich. Der Grund: Die vielen Vorschriften fürs Bio-Label hätten grosse Auswirkungen auf die Preise – besonders beim Pouletfleisch. Für die Metzgereien sei es deshalb nicht möglich, auf der Bio-Schiene zu fahren: «Bio-Poulet ist fast doppelt so teuer wie konventionelles Poulet», erklärt Remo Meier, der Geschäftsführer der Fischer Metzgerei in Langendorf und Vizepräsident der Solothurner Metzger.

Bei ihm kosten 100 Gramm Pouletbrust aktuell 3.95 Franken. «Das ist ein sehr fairer Preis für qualitativ hochwertiges Fleisch aus der Region. Beim Bio-Poulet sind es 6 bis 7 Franken. Da muss man jemanden finden, der das zahlt. Als Familie leistet man sich das nicht jeden Tag.» Man würde also auf dem Bio-Pouletfleisch sitzen bleiben. Dazu komme, dass viele nur einzelne Teile wie die Pouletbrust kaufen würden. Auch da stellt sich die Frage: Wohin mit dem restlichen Bio-Pouletfleisch? Manchmal gäbe es Kunden, die sich auch Bio-Poulet im Sortiment wünschen, so Meier. «Das ist etwa einmal im Monat. Dann erklären wir, wieso es nicht möglich ist.»

In Hofläden wird man fündig

Christian Kopp, Betreiber der Metzgerei AG in Heimisbach hat sich auf die Geflügelschlachterei spezialisiert. Vom Geflügel, das er verarbeitet, sei 70 Prozent Bio. «Bei den Legehennen ist es 50 zu 50, dasselbe beim Truthahn», erklärt er. Konventionelles Poulet würde eher in grossen Hallen verarbeitet. Seine Kunden seien vor allem kleinere Landwirtschaftsbetriebe mit Hofläden, die auch Mischpakete anbieten. Dort findet der Kunde also das gesuchte Bio-Poulet.

Er versteht aber sehr gut, weshalb eine normale Dorfmetzgerei keine Bio-Produkte verkauft: «Die Hürden seien schon sehr hoch. Bio- und das konventionelle Fleisch müssen auch auseinander gehalten werden, und da sind auch die Lizenzen, die man Bio Suisse abgeben muss.»

Poulet-Nachfrage kann nicht mit Biofleisch gedeckt werden

Zurück in die Metzgerei Fischer in Langendorf. Dort stellt Remo Meier fest, dass die Nachfrage nach konventionellem Geflügel sehr hoch ist und weiter steigt. «Es ist mager und fein und hat einen hohen Eiweissgehalt. Aber auch die Zuwanderung trägt dazu bei. In gewissen Herkunftsländern ist Poulet das Fleisch, das hauptsächlich gegessen wird.» Gewisse Bauernbetriebe hätten deshalb die Schweinemast aufgegeben und sich auf Geflügel spezialisiert. Ein grosser Teil des Poulet-Fleisches werde dennoch importiert.

Bei dieser hohen Nachfrage sei es mit Bio-Poulet unmöglich, die Verfügbarkeit und einen fairen Preis zu gewährleisten. «Man muss wirklich aufpassen, dass der Kunde noch ein Grundsortiment des täglichen Bedarfs hat, das er noch zahlen kann und das noch Qualität hat. Das sind die grossen Herausforderungen im Moment.»  Manchmal gäbe es Kunden, die sich auch Bio-Poulet im Sortiment wünschen. «Das ist etwa einmal im Monat. Dann erklären wir, wieso es nicht möglich ist.»

Im Migros und dem Coop findet man je nach Grösse der Filiale Bio-Poulet. Das Bio teurer ist, ist bekannt, doch die Preise auf Bio und andere Produkte der beiden Lebensmittelriesen wurden immer wieder als überteuert kritisiert. Jüngst hat sich der Schweizer Preisüberwacher diesen Stimmen angeschlossen. Gemäss diesem Vorwurf sollen Coop und Migros ihre Marktmacht ausnutzen und so die Preise in die Höhe treiben.

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veröffentlicht: 20. April 2023 16:56
aktualisiert: 20. April 2023 17:49
Quelle: 32Today

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