Auf der Online-Shoppingplattform «Wish» hat ein 44-Jähriger im September 2020 zwei Klappmesser mit je einer Klinge von zehn Zentimetern bestellt. Auf dem Postweg wurden die Messer aus dem Ausland in die Schweiz versendet, wo sie wenige Wochen später bei der Zollstelle am Zürcher Flughafen eintrafen. Wie aus einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom Februar 2020 zu entnehmen ist, wurden die beiden Klappmesser von der Eidgenössischen Zollverwaltung zurückbehalten.
Klappmesser waren bewilligungspflichtig
Wie sich herausstellte, waren die beiden Klappmesser bewilligungspflichtig. Grund: Sie waren einhändig bedienbar und verfügten über einen federunterstützten Auslösemechanismus. Somit hätte der Beschuldigte nicht nur für die Einfuhr, sondern auch im Sinne des Waffengesetzes eine Bewilligung benötigt. Der Beschuldigte konnte jedoch keine der beiden Bewilligungen vorlegen.
Dass der Mann aus der Region für die Klappmesser eine Bewilligung benötigte, war ihm nach eigenen Aussagen jedoch nicht bewusst. Er akzeptierte den Strafbefehl deshalb auch nicht und zog den Fall vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann vor, dass er sich vor dem Kauf über die Beschaffenheit sowie die Bewilligungen hätte informieren müssen. Das Bezirksgericht Brugg verurteilte ihn deshalb im August 2021 aufgrund von mehrfachen fahrlässigen Widerhandlungen gegen das Waffengesetz zu einer Busse von 500 Franken sowie einer Gebühr von 1360 Franken. Weiter wurden die beiden Messer eingezogen und vernichtet. Der Beschuldigte focht daraufhin auch dieses Urteil an, er forderte einen Freispruch vor dem Obergericht Aargau.
Messer als Schweizer Offiziersmesser bestellt
Ihm sei nicht bewusst gewesen, wo und wie er sich über den Kauf der beiden Klappmesser, welche eine Gesamtlänge von 22 Zentimetern aufweisen, hätte informieren müssen, so seine Begründung. Da die beiden Messer auf «Wish» als Schweizer Offiziersmesser angeschrieben waren, habe er sie auch in diesem Sinne bestellt. Diese Messer sind in der Schweiz nicht bewilligungspflichtig. Auch erwähnte der Angeklagte, dass er sich nie im Besitz der beiden Messer befunden hatte, da sie bereits am Flughafen Zürich abgefangen wurden.
Aus dem Urteil des Obergerichts ist zu entnehmen, dass es sich nicht um die ersten Messer handelt, welche der Angeklagte besitzt. Er sei ein «Sammler von Messern». Der eindeutige Schriftzug «Browning» sowie dessen Logo eines Hirschkopfes mit Geweih, die die Messer zierten und auf «Wish» ersichtlich waren, hätten ihm laut der Staatsanwaltschaft auffallen müssen. Auch der Preis von je 8 Franken hätten ihm verdächtig vorkommen müssen. Und der Umstand, dass er die Messer aus dem Ausland bestellte, hätte den Angeklagten zu mehr Gedanken um deren Zulässigkeit veranlassen sollen, heisst es im Urteil.
Aus 16 werden knapp 3500 Franken
Die 16 Franken, welche der 44-Jährige für die Klappmesser auf «Wish» bezahlt hatte, vervielfachten sich durch seine Entscheidung, das Urteil vor die zweite Instanz weiterzuziehen. Das Obergericht hat den Schweizer Staatsbürger vom Vorwurf freigesprochen, gegen das in der Schweiz geltende Waffengesetz verstossen zu haben. Jedoch ist er schuldig, weil er die Klappmesser in die Schweiz eingeführt hat. Weiter wurden ihm neben der Busse von 500 Franken nicht nur die Verfahrenskosten der ersten Instanz auferlegt, sondern auch die des Obergerichts von 1583 Franken.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Fallnummer: SST.2022.98