Familienbetrieb

Aargauer Metzgereien finden kaum noch Nachfolger – wie weiter?

· Online seit 21.02.2022, 06:46 Uhr
Die Metzgerei Merz in Schafisheim muss ihrem Familienunternehmen ein Ende setzen. Da die nächste Generation den Laden nicht übernimmt, muss sie schliessen. Doch nicht nur in Schafisheim gibt es Probleme, eine Nachfolge zu finden.
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«Wir werden am 2. Juli 2022 unsere Metzgerei in Schafisheim für immer schliessen.» Mit diesem Schild empfängt die Metzgerei Merz seit Februar ihre Kundinnen und Kunden. Aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie, einer Strassenbaustelle sowie einer fehlenden Nachfolge für ihre Metzgerei hätten sich die beiden Geschäftsführer Andreas und Karin Merz «schweren Herzens zu diesem Entscheid durchgerungen». Somit verschwindet eine Metzgerei, welche die Familie Merz im Jahr 1983 übernahm.

Verschiedene Gründe für Schliessung

Wie es im Schreiben heisst, sind die Folgen der Pandemie nicht spurlos an der Familienmetzgerei in Schafisheim vorbeigegangen. Wichtige Geschäftsfelder wie Catering und Lieferungen an Restaurants seien praktisch weggefallen. Doch liest man das Schreiben, fällt schnell auf: Die Schliessung des Familienbetriebs kann nicht alleine auf Corona zurückgeführt werden. Denn auch die Baustelle auf der Strasse vor der Metzgerei in Schafisheim scheint mit ein Grund für die Schliessung zu sein. Laut den beiden Geschäftsführern war diese Baustelle während zweieinhalb Jahren stetig präsent. Daran störten sich offenbar auch die Kunden und Kundinnen – und blieben aus.

Kinder wollen Familienmetzgereien nicht übernehmen

Weiter heisst es im Schreiben: «Durch immer mehr und neue behördliche Vorgaben wären in den nächsten Jahren zusätzlich hohe Investitionen für unseren Familienbetrieb angefallen.» Weil der Metzgerei bewusst sei, dass niemand aus der Familie das Geschäft weiterführen werde, gäbe es keinen Grund, diese Investitionen zu tätigen. Also ein weiteres Problem: Die nächste Generation will den Metzgerei-Betrieb nicht weiterführen. Gegenüber ArgoviaToday wollte sich die Metzgerei nicht weiter zur Schliessung äussern.

Mit Problemen bei der Übernahme eines Familienbetriebs durch die nächste Generation kämpft aber nicht nur die Metzgerei Merz in Schafisheim. Dass es nicht immer leicht ist, die Familien-Metzgerei der nächsten Generation weiterzugeben, weiss auch Sibylle Müller, Geschäftsleiterin der Metzgerei Müller in Baden. Obwohl ihre Tochter die Ausbildung zur Fleischfachfrau gemacht hat, hat sie noch nicht zugestimmt, die Familien-Metzgerei zu übernehmen: «Die Kinder sehen, dass die Eltern viel arbeiten. Da versteht man, dass sie sich mehrmals überlegen, ob sie den Betrieb übernehmen wollen.» Denn die Konkurrenz wie Migros und Coop machen es den Familienbetrieben alles andere als leicht: «Damit wir uns von ihnen abheben, müssen wir sehr viel Zeit in unsere Arbeit investieren», so Müller. Viele Überstunden und eine 7-Tage-Woche gehören da beispielsweise dazu.

Anzahl Metzgereien im Aargau nimmt ab

Eine weite Möglichkeit für die Metzgereien ist es, den Familienbetrieb an einen externen Nachfolger zu verkaufen. Doch auch das erweist sich als schwierig, wie Markus Bolliger, Präsident des Aargauer Metzgermeisterverbands, bestätigt. Während es im Kanton Aargau vor fünf Jahren noch 77 Metzgereien gab, sind es heute noch 70. «Handwerkliche Berufe stehen im Allgemeinen nicht mehr an erster Stelle bei der Jugend. Lange Arbeitstage und körperliche Betätigung sind weniger bequem als der gepolsterte Bürostuhl», so Bolliger.

Zudem ist es laut Bolliger schwierig, von den Banken das nötige Startkapital zu erhalten, wenn man sich selbstständig machen und eine Metzgerei übernehmen will. Und doch: «Wir erhalten auch heute noch ab und zu Anfragen von interessierten jungen Metzgern, die sich selbstständig machen wollen.» Viele der Kunden sollen während der Corona-Pandemie vermehrt ihr Interesse für Metzgereien geweckt haben: «Sie schätzen den persönlichen Kontakt und die einwandfreie Qualität, die sie bei Billig-Anbietern vermissen.» Somit hat eine gut eingerichtete Dorf-Metzgerei auch in der heutigen Zeit durchaus ihre Berechtigung.

(mbr)

veröffentlicht: 21. Februar 2022 06:46
aktualisiert: 21. Februar 2022 06:46
Quelle: ArgoviaToday

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