Birrhard

Trotz Vegan-Trend: «Arme-Leute-Honig» Birnel nicht mehr gefragt

· Online seit 14.09.2022, 18:35 Uhr
Birnel ist ein dickflüssiger Saft aus Birnen, quasi eine Art Zuckerersatz und dient vielen Familien auch als Brotaufstrich – ähnlich wie Honig. Jetzt ist wieder Birnelzeit und in vielen Gemeinden kann der Saft nun wieder bestellt werden. Allerdings wird dieser Service immer weniger angeboten und genutzt.
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Wenn der Herbst beginnt, startet auch die Zeit des Birnels. Jener dickflüssige Saft aus Birnen, den viele noch aus ihrer Kindheit kennen. In hunderten Gemeinden der Schweiz kann die Bevölkerung den Saft nun wieder in der Kanzlei bestellen. Jedoch nimmt das Interesse stetig ab, sodass auch immer weniger Gemeinden diesen traditionsreichen Service anbieten können.

Für die Einstellung spricht einiges

Birrhard ist eine der Gemeinden, die in diesem Jahr entschieden haben, den Verkauf des Zuckerersatzes einzustellen. Laut der stellvertretenden Gemeindeschreiberin Sabrina Ponte gibt es dafür einen einfachen Grund: «Wir haben zwei bis drei Bestellungen pro Jahr.» Daher habe es einfach nicht mehr rentiert, der Aufwand ist gross. «Wir mussten die Bestellungen sammeln, diese anschliessend an die Nachbargemeinden weitergeben, den Birnel dann dort wieder abholen, bei den Interessenten melden, dass sie ihre Bestellungen abholen können», berichtet Ponte gegenüber Radio Argovia.

So etwas schmerzt Esther Güdel sehr. Sie ist Kommunikationschefin bei der Winterhilfe und damit eng mit dem Birnel verbunden. «Der Birnel finanziert auch ein Teil unserer Projekte und damit auch armutsbetroffene Menschen in der ganzen Schweiz. Wir sind auf den Birnel angewiesen und damit auch auf den Erlös.» Von jedem verkauften Birnel-Glas fliesst der Netto-Gewinn der Winterhilfe zu.

Winterhilfe macht mobil

«Wir haben 1952 von der Alkoholverwaltung den Auftrag erhalten, Mostbirnen zu bewahren, damit aus denen kein Schnaps gebrannt wird. Und so haben wir angefangen, den Birnel zu produzieren und oft ist er auch armen Leuten abgegeben worden», sagt Güdel. Daher hat der Birnel auch seinen Übernamen erhalten – nämlich «Arme-Leute-Honig».

Die Winterhilfe will demnach nicht tatenlos dabei zusehen, wie sich nach und nach die Verkaufsstellen auflösen. «Wir haben jetzt einen Online-Shop etabliert und ihm ein pfiffiges Aussehen gegeben. Ausserdem haben wir alle Gemeinden angeschrieben und sie gebeten, den Birnel wieder ins Sortiment aufzunehmen.»

Esther Güdel ist überzeugt, dass der Birnel nicht ausstirbt. Ausserdem ist es ein Produkt von Hochstamm-Birnen und kommt auch ohne jegliche Zusätze aus. Für den wachsenden Vegan-Markt sicherlich ein passendes Produkt.

(red.)

veröffentlicht: 14. September 2022 18:35
aktualisiert: 14. September 2022 18:35
Quelle: ArgoviaToday

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