Kündigungen werden in der Regel intern und vertraulich behandelt. In Wettingen war dies nicht der Fall. Nachdem die Gemeinde das Arbeitsverhältnis mit der früheren Personalchefin aufgelöst hatte, informierte die Gemeinde anhand einer Medienmitteilung. Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Fall von Amtsgeheimnisverletzung.
Sie verurteilte daher den Wettinger Gemeindeschreiber Urs Blickenstorfer zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 270 Franken und einer Busse von 1600 Franken. Dazu muss er die Kosten der Strafbefehlsgebühr von 800 Franken tragen. Das Urteil wurde erst kürzlich rechtsgültig, weil der Gemeindeschreiber Einsprache gegen den Strafbefehl von August 2022 einreichte. Kurz vor der geplanten Verhandlung am Bezirksgericht Baden im Juni 2023 zog er diese dann wieder zurück, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
Entlassene Personalchefin erstattet Anzeige
Was war jetzt aber genau passiert? Der Wettinger Gemeinderat entschied im April 2021, die Personalchefin per sofort freizustellen. Dieser Entscheid, die Gründe dafür und der Name der Leiterin wurden in einer Medienmitteilung publiziert, welche der Gemeindeschreiber im Anschluss zur Veröffentlichung auf der Website der Gemeinde und an die Regionalzeitung «Rundschau» geschickt hatte.
«Der Gemeinderat hat sich entschlossen, das Arbeitsverhältnis mit der Leiterin Personal per Ende Juli 2021 aufzulösen», hiess es in der Mitteilung. Zudem: Seit längerer Zeit bestünden unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung der Personalfachstelle der Gemeinde Wettingen. Die Stelle werde zur Wiederbesetzung ausgeschrieben. Infolgedessen meldeten die umliegenden Regionalmedien die Nachricht. Die entlassene Personalchefin klagte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht und erstattete Strafanzeige.
In Zukunft wird zurückhaltender kommuniziert
Diese argumentierte wiederum in ihrem Strafbefehl, dass diese Informationen in die Privatsphäre der Geschädigten falle und somit hätten vertraulich behandelt werden sollen. «Sie sind nicht für Dritte bestimmt und dürfen nicht an Dritte herausgegeben werden.» Der Gemeindeschreiber habe diese Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, obwohl er in seiner Funktion gewusst oder es in Kauf genommen habe, dass diese dem Amtsgeheimnis unterliegen. Der Gemeindeschreiber bestätigt auf Anfrage der Aargauer Zeitung, dass er besagte Medienmitteilung verschickt hat. Weitere Angaben zu den Umständen will er allerdings nicht machen.
Dennoch soll er nicht eigenmächtig gehandelt haben. Der Mitte-Gemeindeammann Roland Kuster sagt gegenüber der Zeitung: «Die zu kommunizierenden Themen werden vom Gemeinderat definiert. Künftig werde bei internen Personalmutationen zurückhaltender informiert.» Der Vorfall habe jedoch keine personelle Konsequenzen, heisst es.
Öffentliche Demütigung
Die entlassene Personalchefin ist froh, nun einen Schlussstrich ziehen zu können. Die vergangenen zwei Jahre seien für sie nicht einfach gewesen. Kurz vor der Pensionierung die Stelle auf diese Weise zu verlieren, sei hart, berichtet die heute 63-Jährige. Noch schlimmer machte ihr die öffentliche Demütigung zu schaffen. «Ich bin in der Region aufgewachsen, wurde dauernd darauf angesprochen und habe zudem meinen Lehrauftrag am Institut für Public Management in Lengnau verloren.» Warum man ausgerechnet ihre Kündigung öffentlich machte, kann sie sich bis heute nicht erklären.
(sib)