Quelle: ArgoviaToday
Keine zwei Monate ist es her, dass Mirjam notgeschlachtet werden musste. Als Daniel Peterhans an jenem Morgen in den Stall kam, um die Tiere zu füttern, ist ihm sofort aufgefallen, dass mit der Kuh etwas nicht stimmte. «Mirjam hat nicht richtig gefressen und den Rücken gekrümmt vor Schmerzen. Ich wusste sofort, was los ist.» Als der Tierarzt kurze Zeit später eintraf, bestätigte sich Peterhans Verdacht: Mirjams Bauchwand war entzündet. Warum? Weil sie Plastik gefressen hatte. Plastik, das zuvor aus einem Autofenster geflogen und auf Peterhans' Weide gelandet war. «Wir laufen jeden Tag unsere Wiesen ab und sammeln den Müll zusammen.» Vor allem im hohen Gras, erzählt Peterhans, könne man da aber schon Mal eine PET-Flasche oder ein Stück Alu übersehen. Wenn das dann mit dem Gras gemäht und später zu Futter verarbeitet wird, nimmt die Kuh den Abfall beim Fressen zu sich. Und das kann, wie in Mirjams Fall, bis zum Tod führen.
«Ich esse lieber Gras statt Müll. Danke.»
Daniel Peterhans führt gemeinsam mit seinem Vater einen kleinen Familienbetrieb im aargauischen Fislisbach. Die Kuhweiden grenzen an einen Veloweg und die vielbefahrene Hauptstrasse. Oft würden sich die Leute beim nahegelegenen McDonald's oder im Coop, der sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe befindet, etwas zu essen holen. «Wenn die Leute fertig sind, schmeissen sie den Abfall einfach aus dem Fenster.» Für Peterhans ist das zwar unbegreiflich, er glaubt aber, dass vielen gar nicht bewusst ist, was ihr Handeln für Folgen haben kann. Um das zu ändern, also um die Leute zu sensibilisieren, steht seit Montag ein grosses Plakat vor Peterhans Einfahrt, direkt neben den Weiden. Das Plakat zeigt eine wütende Kuh, die ein Schild mit der Aufschrift «Ich esse lieber Gras statt Müll. Danke.» hält.
Insgesamt wurden im Kanton Aargau über 50 dieser Mahnmale aufgestellt. Lanciert hat die Aktion, welche in diesem Jahr zum vierten Mal stattfindet, der Bauernverband Aargau. Das Ziel der Kampagne ist klar, sagt Ralf Bucher, Präsident des Verbands: «Weniger Littering. Wir müssen aufzeigen, dass Littering kein Kavaliersdelikt ist und unsere Tiere verletzen oder sogar töten kann.»
Littering-Problem trotz saftiger Bussen
Wer im Aargau den Zigistummel auf die Strasse oder eben die leere PET-Flasche in die Wiese schmeisst, muss bis zu 300 Franken Strafe blechen - ein saftiger Betrag. «Die Strafen könnten von mir aus noch höher sein», findet Ralf Bucher vom Bauernverband, aber: «Die Polizei muss viel härter durchgreifen und mehr Bussen verteilen. Keine Strafandrohung bringt etwas, wenn sie nicht auch durchgesetzt wird.»
Auch dem Kanton ist die Problematik bewusst. Zwar liegt Littering grundsätzlich in der Zuständigkeit der Gemeinden, der Kanton stehe den Betroffenen aber unterstützend und beratend zur Seite, heisst es auf Anfrage. Im letzten Jahr hat der Aargau auch die Kampagne des Bauernverbandes unterstützt. Ob die Littering-Situation im Aargau vergleichsweise zu anderen Kantonen schlimmer sei, dazu können keine Angaben gemacht werden.
Härteres Durchgreifen, höhere Strafen und mehr Polizeipatrouillen - das ist ein möglicher Weg, um gegen Littering vorzugehen. Bauer Peterhans ist aber überzeugt: «Langfristig wohl zielführender sind Aufklärungs- und Sensibilisierungsaktionen, wie die Plakatkampagne.» Die Aktion läuft noch bis Ende Oktober.