Es macht ja durchaus Sinn, gebrauchte Gegenstände auf tutti.ch, dem Marketplace von Facebook oder auch anibis.ch zu erwerben. Diese sind zwar gebraucht, dafür aber günstiger. Zudem tut man etwas Gutes für das Gewissen, da Produkte so länger gebraucht werden und nicht auf der Entsorgungsstelle landen. Aber Vorsicht: Auf diesen Online-Verkaufsplattformen wimmelt es von Betrügern.
Diese sogenannten Kleinanzeigen-Betrügereien seien im Aargau ein riesiges Thema, sagt Bernhard Graser von der Kantonspolizei Aargau auf Anfrage von ArgoviaToday – Tendenz: steigend. «Es vergeht kein Tag, an dem wir auf irgendeinem Stützpunkt diesbezüglich keine Anzeigen haben.» Laut Graser bieten diese Kleinanzeigen-Betrüger oftmals ähnliche Produkte zum vermeintlichen Verkauf an. Apple-Produkte wie Airpods, iPhones und iPads, aber auch Louis-Vuitton-Taschen oder Game-Konsolen würden oftmals für die Betrugsmaschen angeboten. «Diese Trendprodukte werden zu einem vermeintlich günstigen Preis online inseriert. Jemand fällt dann drauf rein und bezahlt den Preis, erhält das Produkt aber nie», erklärt Graser.
Kleine Summen, viele Opfer
Die Problematik um die Kleinanzeigen-Betrügereien sind auch der Aargauer Staatsanwaltschaft bestens bekannt. Von Lorenz Kilchenmann, Chef Cyber-Crime bei der Staatsanwaltschaft, tönt es ähnlich wie bei der Kantonspolizei: «Solche Fälle haben wir täglich bei uns. Dabei müssen wir auch von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.» Denn angesichts der oftmals kleineren Deliktbeträge sowie auch aus Gründen der Scham sei zu vermuten, dass sich viele Menschen erst gar nicht melden, so Kilchenmann gegenüber ArgoviaToday. «Die Täterschaft versucht bei der Betrugs-Masche, ein möglichst grosses Feld abzugrasen. Deshalb bleiben sie bei den Beträgen eher tief.» Laut dem Chef Cyber-Crime handelt es sich in den meisten Fällen um Beträge zwischen 200 und 1000 Franken. Wie hoch die Anzahl von Delikten im Zusammenhang mit einem Kleinanzeigen-Betrug im Aargau genau ist, wird bei der Staatsanwaltschaft nicht systematisch erhoben.
«Money Mules» verschleiern Geldfluss
Die meisten Opfer, welche Schaden durch einen Betrug mit Kleinanzeigen erleiden, erhalten ihr Geld nicht zurück. Lorenz Kilchenmann erklärt: «Die Betrüger kreieren ein System von sogenannten ‹Money Mules›. Sie werben also in der Schweiz wohnhafte Personen an und kommen so an deren Kontonummer. Darauf fliesst das Geld aus den Kleinanzeigen-Betrügen.» Der Kontoinhaber schickt ein Teil des Geldes dann auf verschiedene Konten im Ausland. Um an diese Konten zu kommen, muss die Aargauer Staatsanwaltschaft ein Rechtshilfe-Gesuch bei den örtlichen Behörden stellen. «Weil es sich aber oftmals um Beträge unter 1000 Franken handelt, wird das durch die angefragten ausländischen Strafverfolgungsbehörden nicht prioritär behandelt», führt Kilchenmann weiter aus. Bis man dann Einsicht in das entsprechende Auslandskonto erhält, sei das Geld meistens wieder auf ein anderes Konto transferiert worden. Oftmals versanden die Fälle laut der Staatsanwaltschaft in Afrika oder Osteuropa. «Das Money-Mule-Netzwerk ist komplett von den eigentlichen Betrügern abgekoppelt. Personen, welche als Teil dieses Netzwerks agieren, sind in der Regel nicht direkt an der Betrugsmasche beteiligt.» Trotzdem machen sich Personen, welche ihr Schweizer Konto zur Verfügung stellen, Geld aus unbekannter Quelle entgegennehmen und weiterleiten, der Geldwäscherei strafbar.
Betreiber von Plattformen wissen Bescheid
Dass viele Betrügereien über Online-Plattformen abgewickelt werden, ist den Betreibern bekannt. Von den weit über einer Million jährlichen Inseraten, welche durch ein Computersystem wie auch durch das «Fraud-Protection-Team» geprüft werden, seien lediglich 0,16 Prozent betrügerische Angebote, heisst es etwa bei tutti.ch auf Anfrage von ArgoviaToday. «Wenn wir eine betrügerische Tat feststellen, wird das entsprechende Konto umgehend gesperrt und die Inserate gelöscht.»
Bist auch du schon mal mit Kleinanzeigen um dein Geld betrogen worden? Dann teile deine Geschichte mit uns.
(ova)