25 Millionen Franken

Betrug bei Covid-Hilfsgeldern: Schon 200 Verdachtsfälle im Aargau bearbeitet

02.09.2022, 19:29 Uhr
· Online seit 02.09.2022, 11:20 Uhr
Im Kanton Aargau haben die Strafverfolgungsbehörden bislang rund 230 Strafverfahren wegen unrechtmässig bezogenen oder verwendeten Covid-19-Krediten bearbeitet. Der Kanton rechnet aber insgesamt mit rund 400 Verfahren. Es geht um eine Deliktsumme von 25 Millionen Franken.

Quelle: TeleM1

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Von den über 200 Betrugsverdachtsverfahren habe bisher ein Viertel – mehrheitlich einfache Verfahren – erledigt werden können, sagte Adrian Schulthess, Leiter der kantonalen Staatsanwaltschaft, an einem Point de Presse am Freitag in Buchs AG.

Ende März 2020 seien die ersten Verdachtsfälle von den Banken gemeldet worden. Seit einem Jahr gingen vor allem von Konkursämtern und Bürgschaftsgenossenschaften Hinweise ein. Allein in diesem Jahr seien so 70 Strafanzeigen eingereicht worden.

Nach diesen Verdachtsmeldungen prüfe die Staatsanwaltschaft insbesondere die Umsatzzahlen der betroffenen Unternehmen. Die Staatsanwaltschaft sperre nicht verwendete Geldbeträge oder stelle sie umgehend sicher.

Luxusuhr und Spielschulden zurückbezahlt

Da die Beträge von beschuldigten Personen oft gar nicht für den Erhalt der Unternehmensexistenz benötigt worden seien, bestünden Chancen, zumindest einen Teil der Gelder wieder eintreiben zu können, hielt Schulthess fest. Das Ziel sei, die Geldbeiträge zurückzufordern.

Karl Knopf, Leiter Covid-Team der kantonalen Staatsanwaltschaft, berichtete von einem grösseren Fall. Ein ausländischer Staatsbürger bezog für sein Unternehmen zunächst bei den Banken auf dem Platz Aarau gleich am ersten Tag 130'000 Franken und weniger später nochmals 300'000 Franken. Mit dem Geld kaufte sich der Mann eine Luxusuhr der Marke Rolex und bezahlte nach eigenen Angaben Spielschulden zurück. Der Beschuldigte sitzt in Untersuchungshaft.

Alles wird unter die Lupe genommen

Im Verlauf der Ermittlungen werde der Sachverhalt geklärt und geprüft, ob weitere strafbare Handlungen vorlägen. So seien neben dem Tatbestand des Betrugs auch allfällige Urkundenfälschungen und Geldwäschereihandlungen sowie Konkursdelikte zu prüfen.

Im weiteren Verlauf der Ermittlungen werden die an den Delikten beteiligten Personen von Polizei und Staatsanwaltschaft befragt und mit dem Sachverhalt konfrontiert. Sind die Tatbestände erfüllt, wird je nach Strafmass Anklage beim zuständigen Gericht erhoben. Es geht vor allem um die Straftatbestände Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei.

Die meisten haben zurecht Hilfe bezogen

Die schnelle Bearbeitung der Betrugsverfahren ist gemäss Justiz- und Polizeidirektor Dieter Egli (SP) wichtig, um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats gegenüber den vielen ehrlichen Hilfebeziehenden zu bewahren. Der überwiegende Teil der Unternehmen habe während der Covid-19-Pandemie zu Recht Wirtschaftshilfen beansprucht. Das sei gerechtfertigt und überlebensnotwendig gewesen.

Die Strafverfahren seien jedoch die «Kehrseite der Medaille» der sehr schnellen Corona-Hilfen für die Unternehmen. Im Aargau seien 8000 Kredite in einem Umfang von 950 Millionen Franken gesprochen worden.

Parlament kürzte Kredit

Seit Anfang Juli ermittelt ein Team aus Staatsanwaltschaft und Kantonspolizei in Buchs gemeinsam. An diesem Standort arbeitet auch der Dienst IT Forensik & Cybercrime der Kantonspolizei. Dieser Dienst kann auch grössere Datenmengen auswerten. Die Zusammenarbeit laufe sehr gut, hielt Kriminalpolizei-Chef Markus Gisin fest

Das Kantonsparlament hatte Anfang Jahr einen Kredit von 3,1 Millionen Franken bewilligt, um den zusätzlichen Aufwand für die strafrechtliche Verfolgung bewältigen zu können. Der Kredit finanziert 6,7 zusätzliche Stellen. Das Parlament hatte den vom Regierungsrat beantragten Kredit von 4,6 Millionen Franken jedoch gekürzt.

veröffentlicht: 2. September 2022 11:20
aktualisiert: 2. September 2022 19:29
Quelle: sda

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