Die Sommerferien in Italien oder Spanien zu verbringen, das gehörte lange Zeit zum Standardprogramm vieler Schweizer Familien. Doch immer mehr Strände sind im Sommer überfüllt und die Temperaturen liegen wegen des Klimawandels deutlich höher. Die Folgen sind unter anderem vermehrt Waldbrände in beliebten Feriendestinationen wie Griechenland.
Zwar lassen sich viele Touristinnen und Touristen nicht abschrecken, doch in den letzten Jahren gab es bei und Individualreisenden ein Umdenken. Der Trend, die Sommerferien im kühleren Norden zu verbringen, nimmt weiter zu. «Coolcation» nennt sich dieser Trend, Ferien im Norden zu verbringen und der Hitze im Süden zu entfliehen. Das Wort setzt sich aus den englischen Begriffen für kühl («cool») und Ferien («vacation») zusammen.
Skandinavien könnte langfristig vom Klimawandel profitieren
Laut einer EU-Studie könnten Ferienregionen im Norden in Zukunft dauerhaft vom Klimawandel profitieren. Erste skandinavische Länder wie etwa Schweden haben schon damit begonnen, ihre Tourismus-Werbung darauf auszurichten.
Der «Coolcation»-Trend ist längst in der Schweiz angekommen. Auch in diesem Jahr hatten die hiesigen Nordspezialisten alle Hände voll zu tun. «Das Interesse an nordischen Destinationen ist über die letzten Jahre kontinuierlich gewachsen. Durch die warmen Sommer im Süden wird dieser Trend noch etwas verstärkt», erklärt Bruno Bisig, Geschäftsführer von Kontiki in Baden, gegenüber ArgoviaToday. Jedoch würden nicht einfach die klassischen Badeferien als Alternative in Skandinavien gebucht, «es sind mehr Rundreisen und Blockhausferien, die gefragt sind.»
Im Allgemeinen nehme die Nachfrage in allen Destinationen zu. Meistens würden die Kundinnen und Kunden unterschiedliche Länder miteinander kombinieren, so Bisig. Eine besonders starke Nachfrage habe Kontiki dieses Jahr in Estland gespürt. «Dies unterstreicht auch den Trend, dass eher ‹unbekannte› Orte bei unseren Gästen gefragt sind. Und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist im Baltikum sehr gut.»
Serien- und Film-Drehorte nehmen Einfluss auf Ferienplanung
Neben den hohen Temperaturen im Sommer im Süden, sei auch der Wunsch nach Ruhe und Natur einer der Treiber für den «Norden-Trend», glaubt Bisig. «Das zusammen mit authentischen Erlebnissen mit dem gewissen Etwas. Das sind imposante Schlösser in Schottland, Blockhaus-Ferien in Finnland oder Aktiv-Ferien zu Fuss oder mit dem Velo. Aber auch Film- oder Serien-Drehorte im Norden nehmen Einfluss auf die Ferienplanung.»
Island Tours in Brugg freut sich nicht nur an einer hohen Nachfrage nach Reisen nach Island, auch andere Destinationen im Norden Europas waren diesen Sommer sehr gefragt. «Wir haben mehr Ferien in Skandinavien verkauft als ursprünglich erwartet», erklärt Office Manager Christoph Bärlocher auf Anfrage von ArgoviaToday. Mit den Buchungszahlen sei das Unternehmen deshalb sehr zufrieden.
Färöer-Inseln bei Familien beliebt
Besonders ins Auge gestochen ist Bärlocher, dass in diesem Jahr vermehrt Familien ihre Ferien auf den Färöer-Inseln verbrachten. Das sei zwar ungewöhnlich, aber durchaus nachvollziehbar: «Die Färöer-Inseln sind ähnlich faszinierend wie Island, jedoch etwas attraktiver im Preis. Daher sind sie für Familien besonders spannend.» Island hingegen werde durch die grosse Nachfrage und das begrenzte Angebot auf einem eher höheren Preisniveau bleiben. Bärlocher rechnet trotzdem damit, dass die Nachfrage nach Island auf ihrem bisher hohen Niveau bleiben wird.
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Frank Barth, Co-Geschäftsführer des Skandinavien-Spezialisten Glur Reisen, zeigt sich «äusserst zufrieden» mit der aktuellen Lage: «Die Buchungszahlen sind im Vergleich zum Vorjahr überproportional gestiegen.» Diese Entwicklung sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen, meint Barth. Skandinavien gilt als krisensichere Region und ist mit Zug, Bahn oder kurzen Flügen gut erreichbar, was für umweltbewusste Reisende zunehmend an Bedeutung gewinnt. Besonders Südschweden erfreue sich daher grosser Beliebtheit.
Hybrid-Schiffe sorgen für Buchungs-Boom in Norwegen
Auch Schiffsreisen im Norden erleben einen neuen Boom. «Wir beobachten, dass die Nachfrage, insbesondere durch die neuen Havila-Schiffe entlang der norwegischen Küste, wieder zugenommen hat. Diese Schiffe bieten nicht nur grössere Kabinen, sondern auch einen modernen Hybrid-Antrieb.» Auch Expeditionsreisen nach Grönland, in die Antarktis und nach Spitzbergen erfreuen sich trotz der höherer Reisepreise weiterhin grosser Beliebtheit.