Abnehmen ohne am Salatblatt zu knabbern und schweisstreibendem Sport – Ozempic scheint das mit nur einer Spritze pro Woche zu ermöglichen. Daher ist Anfang des Jahres besonders in den USA ein regelrechter Hype entstanden. Selbst bekannte Persönlichkeiten wie Kim Kardashian und Elon Musk haben es schon ausprobiert. Doch all diese positiven Abnehmerfolge haben auch einen negativen Effekt. Die steigende Nachfrage führt weltweit zu Engpässen. Diejenigen, die darunter am meisten leiden, sind Diabetikerinnen und Diabetiker, welche das Arzneimittel für ihre Behandlung brauchen.
Quelle: PilatusToday/Andreas Wolf
Nun sei es aber gar nicht mehr erhältlich, teilt ein Leser gegenüber ArgoviaToday mit. Lukas Korner, Präsident des Aargauischen Apothekerverband, bestätigt das Problem. «Weil in praktisch jeder Apotheke die Lagerbestände aufgebraucht sind, spitzt sich das Problem immer mehr zu», so Korner.
Laut dem Präsidenten sind sowohl Ozempic als auch Saxenda die einzigen Arzneimittel, welche das Hungergefühl eindämmen. Demnach sind sie eine entsprechend beliebte Hilfe, um abzunehmen. Wenn Ozempic also in anderen Teilen der Welt in hohen Mengen verschrieben werde, fehle es folglich irgendwo anders. «Ich gehe davon aus, dass die Hersteller niemals mit dieser weltweiten Nachfrage gerechnet haben und kommen somit auch nicht mit der Produktion hinterher», erklärt Korner.
Weiter sagt er, dass er nicht das Gefühlt hat, dass Ozempic in der Schweiz missbräuchlich genutzt wird. Ähnlich sieht es Phillipp Schütz, Leiter der Universitätsklinik im Kantonsspital Aarau (KSA). Gemäss Schütz dürfte es aber auch Patientinnen und Patienten geben, welche nicht aus «zwingenden» Gründen mit Ozempic behandelt werden müssen.
Bis heute hat der Hersteller von Ozempic, die Novo Nordsik Pharma AG, nicht publik gemacht, an was es genau fehle, dass sie der Nachfrage nicht gerecht werden können. Besonders ärgerlich an der Situation ist für Korner, dass keine Klarheit darüber herrscht, wie lange der Engpass dauern wird und wie viele Mengen an Ozempic überhaupt in die Schweiz kommen. «Wir wissen nicht, ob das ein Problem von zwei Monaten oder einem ganzen Jahr ist », so Korner.
Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) teilte auf Anfrage mit, dass neben der steigenden Nachfrage die knappe Verfügbarkeit der Bestandteile von Autoinjektoren mitverantwortlich sein dürften für den momentanen Engpass. Diesbezüglich empfiehlt das BWL Patientinnen und Patienten, sich beim behandelnden Ärztepersonal zu melden, um eine alternative Therapiemöglichkeit zu finden.
Diese alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt es
Gemäss Schütz gibt es die Option, auf eine Tablette mit dem gleichen Inhaltsstoff Semaglutid umzusteigen. Das Medikament darf in dieser Form nur am Morgen auf nüchternen Magen eingenommen werden. Anschliessend muss mindestens 30 Minuten auf Nahrung und Flüssigkeit verzichtet werden. Vielen bereitet das Mühe. Zusätzlich gäbe es ähnliche Präparate anderer Firmen, welche eine ähnliche Wirkung haben, auf die man ausweichen könne. «Wir sind dabei, Diabetikerinnen und Diabetikern, welche bereits Ozempic verwenden, eine dieser Alternativen vorzuschlagen. Es braucht immer eine individuelle Anpassung und wir hoffen, dass dieser Lieferengpass auch irgendwann mal vorbei ist», kommentiert Schütz gegenüber ArgoviaToday.
So geht es weiter mit dem Ozempic-Mangel
Der momentane Engpass ist für alle Beteiligten mühsam, sagen Korner und Schütz unabhängig voneinander. Wann sich der Engpass wieder entspannen wird, können beide nicht sagen. Einen Hoffnungsschimmer für eine adäquate Medikamentenversorgung könnte in der Entwicklung neuer Präparate sein. «Der Medikamentenmarkt ist sehr dynamisch. In den nächsten sechs bis zwölf Monaten werden sicher einige Neuheiten auf dem Markt erscheinen», so Schütz weiter.