Aargau/Solothurn

Die Corona-Massnahmen des Kantons führen an Schulen zu Problemen

Coronavirus

Massnahmen an Aargauer Schulen sind im Alltag nicht umsetzbar

21.01.2022, 19:49 Uhr
· Online seit 21.01.2022, 17:06 Uhr
Omikron stellt die Schulen im Kanton vor neue Herausforderungen. Ein Beispiel des Kindergartens Seengen zeigt, wie unübersichtlich die Situation momentan ist und zu welchen Problemen die Beschlüsse des Kantons führen.

Quelle: TeleM1

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An einem Dienstagmorgen um elf Uhr erhielt Urs Bögli, Schulleiter in Seengen, ein Anruf des Contact-Tracings. Der Kindergarten müsse sich in Quarantäne begeben, lautete die Anweisung. «Ich ging davon aus, dass diese Quarantäne bis Freitag gelte. Der Herr des Contact Tracings meinte aber, dass die Quarantäne nur einen halben Tag dauere und die Kinder am Mittwoch wieder in den Kindergarten kommen müssen», so Bögli gegenüber ArgoviaToday. Er rief umgehend die Kindergartenlehrerin an und informierte sie über die halbtägige Quarantäne. Daraufhin verfasste er eine Mitteilung an die Eltern. Kurz nach zwölf Uhr folgte ein erneuter Anruf des Contact-Tracings. «Ich wurde informiert, dass die halbtägige Quarantäne wieder aufgehoben wurde», erklärt Bögli weiter. Er weigerte sich, die Eltern nochmal selbst zu informieren. «Sonst meinen die, ich sei nicht ganz normal.»

Dieses Beispiel zeigt, wie unübersichtlich die Lage in den Schulen momentan ist. Seit Januar gilt, dass die Kinder nur in Quarantäne geschickt werden, wenn in einer Klasse mindestens drei positive Fälle innerhalb von fünf Tagen vorkommen. Eine ähnliche Regel galt bereits im Sommer letztes Jahr. Zwischen Test und Resultat können aber mehrere Tage verstreichen. Das führt dazu, dass die Quarantänefrist von fünf Tagen schon um ist, bis der positive Test vorliegt. Die Kinder werden somit normal unterrichtet.

Zudem gilt, dass die  Quarantäne nur noch verhängt wird, wenn die Kinder mindestens zwei Tage dem Unterricht fernbleiben können. Auch diese Regel führt dazu, dass Klassen trotz positiven Fällen weiterhin im Unterricht erscheinen. Wenn die positiven Testresultate beispielsweise erst am Donnerstag vorliegen und die Quarantäne somit nur noch für Freitag verfügt werden kann, wird die Klasse nicht nach Hause geschickt. Dies erklärt, weshalb die halbtägige Quarantäne des Kindergartens in Seengen wieder aufgelöst wurde. Für Urs Bögli ist jedoch klar: «Die momentan geltenden Regelungen sind in der Praxis nicht umsetzbar.» Als Vermittler zwischen Kanton und Eltern hat er es nicht einfach. Er habe Verständnis dafür, dass man nicht alles regeln kann. Die Entscheide des Kantons gegenüber den Eltern zu vertreten, sei aber schwierig, da diese die Beschlüsse nicht nachvollziehen können.

Lehrpersonen sind mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert

Auch der Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands Kathrin Scholl bereitet die Situation an den Schulen Kopfzerbrechen. Die Lehrpersonen seien sehr gefordert. «Die eine Schwierigkeit ist, den Überblick bei den ganzen Ausfällen nicht zu verlieren, und die andere, den Umgang mit maskenverweigernden Kindern zu meistern.» Letztere kommen vor allem in ländlichen Regionen vor. «Man tut den Kindern keinen Gefallen, wenn man sie ohne Maske in die Schule schickt. Sie müssen dann nämlich separiert werden, um den Abstand wahren zu können», so Scholl auf Anfrage von ArgoviaToday. Auch sie sieht das Problem der Quarantäne, welche nur noch ab zwei Tagen verhängt wird. Wie sinnvoll das sei, könne sie nicht beurteilen. Der Schutz der Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler habe aber oberste Priorität. In der momentanen Situation könne man jedoch nicht von einem geregelten Schulbetrieb sprechen.

Die Massnahmen sollen den Schulbetrieb aufrechterhalten

Das kantonal Gesundheitsdepartement sieht die Problematik, welche die hohen Fallzahlen den Schulen bereiten. Stand Mittwoch befanden sich 58 Klassen in Quarantäne. Die Regel, dass die Quarantäne erst ab zwei Tagen verfügt wird, solle den Alltag für alle beteiligten Personen möglichst vereinfachen. «Ohne diese Regel könnte die Situation entstehen, dass Kinder am Morgen in die Schule kommen, am Nachmittag nach Hause geschickt werden und dann am nächsten Tag wieder in die Schule kommen dürfen», so das Gesundheitsdepartement gegenüber ArgoviaToday. Dies sei unverhältnismässig und aus organisatorischen Gründen bei der Betreuung kaum möglich. Beide Beschlüsse sollen zudem dafür sorgen, dass ein geregelter Schulbetrieb aufrechterhalten werde. «Klassenkameradinnen und -kameraden gelten nicht als enge Kontaktperson. Zudem tragen alle Schülerinnen und Schüler in den Innenräumen eine Maske.» Darum habe man entschieden, Klassen erst bei einer Häufung von Fällen in Quarantäne zu schicken. Das Departement unterstreicht, dass sowohl positiv getestete Kinder als auch Kinder mit Symptomen, welche auf ein Testresultat warten, zu Hause bleiben müssen.

Kathrin Scholl würde sich wünschen, dass das flächendeckende repetitive Testen wieder eingeführt wird: «Es ist effizient und sinnvoll. Manchmal ist das Sinnvollste aber leider nicht durchführbar.» Für die Tests fehlt nämlich die Kapazität. Sie hoffe nun, dass die Fallzahlen in den Schulen von selbst abflachen. «Ich bin vorsichtig optimistisch, dass sich die Lage nach den Sportferien entspannt», so die Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands. Die vorhandenen Massnahmen würden auf jeden Fall dazu beitragen, die Spitzen der Omikron-Welle zu brechen.

Auch Urs Bögli weiss nicht, welche Massnahmen die Lage in den Schulen verbessern könnten. Trotz Problemen, die die Regeln des Kantons im Alltag bereiten, denkt er nicht, dass die Quarantäne komplett abgeschafft werden soll. Eine Schulschliessung sei aber auch nicht der richtige Weg. «Ich wünsche mir nur, dass alle gelassener und weniger ängstlich mit der Situation umgehen und, wo nötig, ihre Selbstverantwortung wahrnehmen», so Bögli.

(pro)

veröffentlicht: 21. Januar 2022 17:06
aktualisiert: 21. Januar 2022 19:49
Quelle: ArgoviaToday

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