Die Thematik ist nicht neu – bereits bei vergangenen Wahlen wurden mehrere Plakate von Politikerinnen und Politikern diverser Parteien mutwillig zerstört. Gesichter, die sich dem Aargauer Wahlvolk zur Verfügung stellten, wurden besprayt, verschmiert, mit Stickern beklebt, zerschnitten, verkratzt, zerrissen oder gar entwendet.
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Neues Wahljahr – altes Problem
Auch im diesjährigen Wahlkampf bleiben die Plakate, die Strassen und Felder zieren, nicht verschont. Davon betroffen sind unter anderem Kandidierende der FDP, der SVP und der Juso. Ziel der unbekannten Vandalen wurde beispielsweise Stefanie Heimgartner. «Ich bin davon vor allem in Baden und Wettingen betroffen, im ländlichen Gebiet ist mir bisher nicht gross etwas aufgefallen», so die SVP-Politikerin, die auf der Liste 1 kandidiert. «Meine Plakate, die während der Badenfahrt hingen, hat man teilweise mit Hakenkreuzen beschmiert, ‹Nazi› drauf geschrieben, sie heruntergerissen und Sticker draufgeklebt. Die, welche ich jetzt habe, wurden mit roter Spraydose verziert, zerstört, verschnitten und heruntergerissen – das volle Programm.»
Diese Sachbeschädigung stösst bei Stefanie Heimgartner auf Unverständnis und sorgt für Wut und Enttäuschung. «Das ist eine respektlose Art der Kommunikation und unserer Demokratie nicht würdig», erklärt die SVP-Politikerin.
Das gleiche Schicksal und eine ähnliche Meinung teilt FDP-Politiker Yannick Berner. Auch bei ihm sind primär Plakate im Raum Baden betroffen. Doch nicht nur das – auch sein Auto, an dem er Wahlwerbung angebracht hat, ist regelmässig von Vandalenakten betroffen. Gegenüber ArgoviaToday sagt der 30-jährige Nationalratskandidat: «Ich finde es sehr schade. Es ist Teil der Demokratie, dass man sich zur Verfügung stellt für die Wahlen. Dass so mit Kandidierenden umgegangen wird, enttäuscht mich.»
Für den Unternehmer ist es nicht der erste Wahlkampf. Trotzdem ist er überrascht vom Ausmass des Vandalismus. «Es passiert natürlich immer wieder, dass Plakate heruntergerissen, umgestossen oder bemalt werden, es ist sicher nicht das erste Mal. Aber dass es so früh im Wahlkampf der Fall ist und so viele Plakate betrifft, finde ich schon sehr schade.» Er hat dafür kein Verständnis. «Ich habe schon Mühe zu verstehen, wieso man so etwas tut, ganz ehrlich. Ich denke es sind Leute, die sich an den Plakaten oder der Politik stören.» Um miteinander in den Dialog zu treten, sei Vandalismus aber sicherlich der falsche Weg, ergänzt Berner.
Parteien von rechts bis links betroffen
Doch nicht nur Plakate von bürgerlichen Politikerinnen und Politiker wurden verunstaltet – auch Kandidierende aus dem gegenüberliegenden politischen Lager mussten dran glauben. Das Gesicht von Juso-Co-Präsidentin Anastasija Petrušić beispielsweise, das sehr prominent an der Aarauer Bahnhofsstrasse hängt. Ihr Plakat wurde mit einem Sticker beklebt. Für Petrušić ist dies allerdings keine grosse Überraschung: «Mir war von Grund auf klar, dass ich gerade als junge linke Politikerin auf Gegenwind stossen werde. Linke Forderungen werden immer wieder diskreditiert, und das Aufzeigen sozialer Missstände nicht ernst genommen. Ich weiss, wofür ich einstehe, und ich habe mich nicht persönlich angegriffen gefühlt von diesen Stickern auf meinem Gesicht.» Einverstanden mit den Schmierereien ist sie dennoch nicht. «Die Juso steht klar ein für einen fairen Wahlkampf – auch wenn wir gleichzeitig natürlich nicht hinter Menschen stehen, die rassistische, menschen- oder queerfeindliche Politik führen.»
Kandidierende wollen keine Anzeige erstatten
Die drei Kandidierenden ziehen individuelle Konsequenzen. Stefanie Heimgartner, die ein paar Reserveplakate auf Lager hat, will die beschmierten Exemplare baldmöglichst ersetzen. Viele Bekannte hätten ihr ausserdem zu einer Anzeige geraten, so die Kandidatin. Darauf verzichte sie aber: «Ich habe das Gefühl, es bringt nicht viel und ausserdem haben wir sowieso schon zu wenige Polizisten – und die haben ganz sicher besseres zu tun.» Auf Social Media habe sie die Vandalen und die «Toleranz der Toleranten» jedoch thematisiert und viel Zuspruch erhalten.
Yannick Berner hat nicht viele Extra-Plakate bestellt und will sich zuerst einmal überlegen, ob er die verschmierten Exemplare gegen die wenigen, die er noch übrig hat, eintauschen will. Auch er machte auf Social Media mit dem Kommentar «ärgerlich und schade» und den ironisch gemeinten Worten «was ein fairer, demokratischer und respektvoller Wahlkampf» auf die Schmierereien aufmerksam.
Anastasija Petrušić lässt sich von den Vandalenakten nicht entmutigen. «Ich persönlich werde keine Konsequenzen ziehen und einfach weiterhin meine Schilder aufhängen. Die Plakate machen nur einen kleinen Teil unseres Wahlkampfes aus. Sie sind dafür da, unserer politischen Agenda ein Gesicht zu verleihen, sie den Menschen näher zu bringen und die linkspolitische Jugend in ihrer bunten und inklusiven Vielfalt zu repräsentieren. Kritik wird immer da sein – an ihr kann man auch wachsen. Wir tun uns das gerne an, solange wir mit unserer Politik andere Menschen schützen können.»