Gastronomie

Flüchtende als Hilfskräfte: «Gefahr des Ausnutzens besteht»

26.03.2022, 14:38 Uhr
· Online seit 25.03.2022, 17:44 Uhr
Die Aargauer Gastronomie leidet unter dem herrschenden Personalmangel. Daher soll auf nationaler Ebene ein Programm erarbeitet werden, damit ukrainische Geflüchtete die offenen Stellen in der Branche mittelfristig übernehmen könnten. Die Gewerkschaft Unia begrüsst die Idee, sieht aber auch konkrete Gefahren.
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Die Aargauer Restaurants und Hotels suchen händeringend nach Personal. Während der Corona-Pandemie haben viele Angestellte Jobs verloren oder freiwillig die Branche gewechselt. Für viele ist daher der Weg zurück derzeit keine Option. Die Lücke füllen könnten nun ukrainische Geflüchtete. Laut Bruno Lustenberger, Präsident des Branchenverbands Gastro Aargau, plant man bereits auf kantonaler Ebene an einem Programm, um geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer die offenen Stellen mittelfristig anbieten zu können.

Auch Claudia Rüttimann ist auf der Suche nach Personal. Sie sitzt im Verwaltungsrat der Hotelkette Aargau-Hotels und ist bei Gastro Aargau verantwortlich für die Ausbildung. Gegenüber ArgoviaToday sagte sie, dass sie sich gut vorstellen könne, ukrainischen Geflüchteten einen Arbeitsplatz anzubieten. Sollten Deutschkenntnisse und eine entsprechende Ausbildung nicht vorhanden sein, wären Praktikaverträge denkbar, die dann später angepasst werden können.

Lohndumping verhindern

Die Schweizer Gewerkschaft Unia begrüsst grundsätzlich die Idee, Geflüchteten aus der Ukraine so die Möglichkeit einer Struktur zu geben und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. «Das Vorhaben ist grundsätzlich gut, allerdings müssen auch die geltenden Arbeitsbestimmungen eingehalten werden», so Unia-Mediensprecher Christian Capacoel.

Es bestehe hierbei die Gefahr, dass in Einzelfällen die Eckpunkte des Gesamtarbeitsvertrags unterboten oder gar umgangen werden und die Geflüchteten somit ausgenutzt werden. «Es darf nicht passieren, dass ukrainische Geflüchtete zu schlechteren Bedingungen angestellt werden oder sich in prekären Anstellungen wiederfinden», sagt Capacoel. Es darf auch keine Ungleichbehandlung aufkommen. Arbeitgebende dürfen die Lage nicht ausnutzen und Schutzsuchende zu schlechteren Bedingungen als inländische Arbeitnehmende anstellen. Mache das Schule, entstünde ein falscher Anreiz, erläutert der Mediensprecher.

Anlaufzeiten unbedingt einhalten

Ausserdem dürfe auch kein Druck entstehen: «Die Einrichtungen sollen den Schutzsuchenden auf keinen Fall suggerieren, dass sie schlechtere Flüchtende seien, wenn sie den Job nicht annehmen und sie somit in eine Anstellung zwingen.» Darüber hinaus spielt für Capacoel auch der psychologische und emotionale Faktor eine entscheidende Rolle. «Die Menschen stecken in einer schweren Situation und müssen Zeit haben zu verarbeiten.» Das kann viel Zeit brauchen: «Und die müssen wir ihnen unbedingt geben», schliesst er ab.

(sib)

veröffentlicht: 25. März 2022 17:44
aktualisiert: 26. März 2022 14:38
Quelle: ArgoviaToday

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