Aargau/Solothurn

Geplante Asylunterkunft sorgt weiterhin für Trubel – das musst du wissen

Asyl-Chaos Windisch

Geplante Asylunterkunft sorgt weiterhin für Trubel – das musst du wissen

10.03.2023, 10:33 Uhr
· Online seit 03.03.2023, 19:20 Uhr
Aufgebrachte Mietende, überforderte Behörden und schlechte Kommunikation. Seit knapp einer Woche ist das Chaos in Windisch ein grosses Thema. Was du dazu wissen musst und welche Fragen jetzt noch offen sind, erfährst du hier:
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Was bisher geschah

Vergangenen Freitag (24.02.) erhielten die ersten Mietenden der Liegenschaften Zelgli- und Mülligerstasse in Windisch die Kündigung. Bereits Ende Juni müssen sie die Wohnungen geräumt haben. Aufgebracht suchten die Betroffenen die Gemeinde Windisch auf. Diese war «überrascht und schockiert» über die unerwarteten Kündigungen.

Am Montag (27.02.) teilte die Gemeinde dann in einem Schreiben mit, dass sie sich für die Betroffenen Mieterinnen und Mieter einsetzen werden: «In diesen Wohnungen leben sozial schwächer gestellte Personen, welche es auf dem Wohnungsmarkt nicht einfach haben.» Das Problem würde also lediglich verlagert, keineswegs aber gelöst, befindet der Gemeinderat von Windisch.

Aber nicht nur der Gemeinderat zeigt wenig Verständnis für das Vorgehen des Kantons, auch von der Politik hagelt es Kritik. Das Asylwesen laufe aus dem Ruder, heisst es zum Beispiel bei der SVP. Die Junge SVP dazu eine Petition lanciert, sie will die Kündigungen nicht akzeptieren. Der Kanton spiele Flüchtende gegen Einheimische aus, sagt die SP. Der Kanton reagierte am Dienstag (28.02.) aber immer noch nicht. Zuerst soll der Brief der Gemeindebehörde beantwortet werden, so der Kanton. Anschliessend wurde zu einem runden Tisch mit dem Eigentümer der Liegenschaft und der Gemeinde eingeladen.

Quelle: Tele M1

Am Mittwoch (01.03.) fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Infoveranstaltung für die Mieterinnen und Mieter statt. Wie diese den Anlass erlebt haben, erfährst du im Video. Auch eine Solidaritätskundgebung war für denselben Abend geplant. Offenbar liebäugelte der Kanton schon länger mit dieser Lösung. Gemäss der Aargauer Zeitung sollen 100 unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) im Sommer dort einziehen. Auch der Eigentümer der Liegenschaft in Windisch bezog am Mittwoch endlich Stellung. In einem Schreiben teilt die in Wollerau ansässige Aktiengesellschaft mit: «Den Mietenden wurde gekündigt, da in absehbarer Zeit ein Ersatzneubau geplant ist.» Die Kündigung der 32 Wohneinheiten sei also nicht zwecks Vermietung an Geflüchteten erfolgt, zitiert auch SRF-Regionaljournal Aargau/Solothurn den Vermieter.

Regierungsrat Jean-Pierre Gallati entschuldigt sich

Quelle: Tele M1

Am späten Mittwochabend (01.03.) entschuldigt sich SVP-Regierungsrat und DGS-Vorsteher Jean-Pierre Gallati auf Tele M1 bei den betroffenen Mieterinnen und Mietern. Der Kanton gesteht Fehler ein, nachdem Politiker von links bis rechts den Entscheid verurteilten: «Wir hätten mit den Mietenden nicht so umgehen dürfen», meint Gallati. Sein Departement will zusammen mit der Gemeinde Windisch nun nach einer Lösung suchen. Das Ziel sei, dass die Mieterinnen und Mieter in ihren Wohnungen bleiben können, bis sie eine geeignete Ersatzlösung gefunden hätten.

Auch die Gemeinde Windisch zeigte sich am Donnerstag (02.03.) etwas versöhnlicher. Die Missverständnisse vonseiten des Vermieters seien am Infoanlass beseitigt worden. «Der Vermieter war anscheinend von Anfang an bereit, solche Lösungen zu suchen. So wie ich ihn erlebt habe, denke ich, dass es wahr ist. Es gab offenbar einen Kommunikationsfehler», sagte die Windischer Gemeindepräsidentin Heidi Ammon.

So geht's nun weiter

Auch nach knapp einer Woche bleiben noch viele Fragen rund um Windisch offen. Die wichtigsten findest du hier zusammengefasst.

  1.  Ist der Fall Windisch nun abgeschlossen? 
    Nein! Gemäss der «Aargauer Zeitung» will SP-Grossrätin Leila Hunziker den Fall Windisch nun sogar von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) durchleuchten lassen.   
  2. Wann ziehen die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA) in Windisch ein?
    Gemäss Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati sollen die Unterkünfte gestaffelt bezogen werden. Wie die «AZ» schreibt, wurden einigen Mietern nun auf Ende Juni, anderen auf Ende September gekündigt.
  3. Was passiert mit den Mietern, welchen gekündigt wurde? 
    Der Eigentümer hat die Kündigungen an der Informationsveranstaltung aufgeschoben. Bis Ende dieser Woche muss er noch schriftlich zu dieser Lösung Stellung nehmen. Unabhängig davon läuft eine Kündigungsfrist von 30 Tagen, bei welcher die Betroffenen eine Mieterstreckung beantragen können oder die Kündigung ganz anfechten dürfen. 
  4. Weshalb will der Kanton unbedingt die bewohnten Häuser in Windisch für die Unterkunft benutzen? 
    Der Kantonale Sozialdienst ging davon aus, dass es sich jeweils nur um «kurze und regelmässig wechselnde Mietverhältnisse» handelte. Auch hat er bei der Gemeinde eine Anfrage gestartet, ob dort Sozialhilfebezüger wohnten. Allerdings sei keine Antwort von der Gemeinde Windisch zurückgekommen.
  5. Wird der Kanton weitere bewohnte Liegenschaften mieten?
    Nach dem Fall in Windisch scheint dies eher unwahrscheinlich. Gemäss der «Aargauer Zeitung» fragt SVP-Grossrat Miro Barp die Regierung in einer Interpellation, ob es ein Konzept gäbe, «in welchem festgelegt wird, unter welchen Umständen bereits benutzter Wohnraum zur Unterbringung von Asylbewerbenden umgenutzt werden kann?» 
  6. Warum stellt der Kanton nicht einfach Asylcontainer auf der grünen Wiese auf? 
    In der Landwirtschaftszone wäre dies nicht zulässig, wie der Regierungsrat schreibt. Das nationale Raumplanungsgesetz liesse solche Bauten nur zu, wenn es innerhalb der Bauzone keine Möglichkeit dafür gibt.
  7. Wären Zivilschutzanlagen eine Alternative? 
    Der Kanton bereitet wie geplant in Lenzburg und Aarau zwei Notunterkünfte für Asylsuchende vor. In Lenzburg sollen 150 Geflüchtete einen Platz finden und in Aarau 160 Geflüchtete. Die Unterkünfte sollen gemäss Kanton frühestens im April eröffnet werden. Am kommenden Montag wird auch in Birmenstorf die Notunterkunft öffnen. Diese bietet Platz für 200 Personen.
veröffentlicht: 3. März 2023 19:20
aktualisiert: 10. März 2023 10:33
Quelle: ArgoviaToday

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