Sollte es in der Schweiz einen schweren Atomkraftwerk-Unfall geben, kommen Jodtabletten zum Einsatz. Diese erhalten alle Bewohnerinnen und Bewohner, welche weniger als 50 Kilometer von einem AKW entfernt wohnen – der ganze Kanton Aargau ist somit abgedeckt. Die letzte Verteilung fand 2014 statt. Nun zeigt eine Online-Umfrage der Schweizerischen Energie-Stiftung SES, dass viele gar nicht wissen, was sie mit der Jodtablette machen müssten, sollte es zur Katastrophe kommen.
Jede fünfte Person ist ungenügend informiert
Die Ergebnisse überraschten die Macherinnen und Macher der Umfrage, wie Fabian Lüscher, Leiter Fachbereich Atomenergie der SES, gegenüber ArgoviaToday erzählt. Von über 9000 Befragten ist ein Fünftel unzulänglich über die Wirkung von Jod informiert und rund 15 Prozent wissen nicht mehr, wo sie die Jodtabletten überhaupt haben.
Die Gründe für das fehlende Wissen zu Jodtabletten sieht Lüscher dabei, dass sich viele in Sicherheit wähnen: «Ich habe das Gefühl, das liegt in der Natur des Risikos. Es passiert lange Zeit nichts und dann geht vergessen, dass der Betrieb eines AKW immer ein Restrisiko für einen sehr schweren Unfall birgt.» Denn das Informationsangebot sei eigentlich genügend vorhanden und auch in verschiedenen Fremdsprachen online abrufbar.
Trotzdem sieht die SES Handlungsbedarf, um den mangelhaften Informationsstand bei der Bevölkerung zu beheben. Dem stimmt der Bundesrat zu und sieht deshalb künftig vor, bei den jährlichen Sirenentests über die Jodtabletten zu informieren. Dies wäre dann zusätzlich zur Informationskampagne, welche bei der Verteilaktion geplant ist.
Empfehlungen für Personen ab 45
Wer sich seit der letzten Verteilkampagne im Jahr 2014 nicht selbstständig über Jodtabletten informiert hat, dem ist eine Neuerung nicht bekannt: Denn seit Kurzem empfiehlt die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz KSR, dass Personen ab 45 Jahren keine Jodtabletten mehr einnehmen.
Eigentlich schützen Jodtabletten die Schilddrüsen vor der Aufnahme von radioaktivem Jod. «Das Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, nimmt mit zunehmendem Alter aber ab. Gleichzeitig nehmen die Nebenwirkungen mit steigendem Alter zu», so Daniel Storch von der Abteilung Strahlenschutz des Bundesamts für Gesundheit BAG. Deshalb sei es dann nicht mehr nötig, eine Jodtablette einzunehmen. Gerade für Kinder, Jugendliche und Schwangere sei es aber eine sehr wirksame Massnahme, weshalb sie die Jodtabletten auf jeden Fall einnehmen sollten.
In einigen Gemeinden gibt es keine Jodtabletten mehr
Im Rahmen der nächsten Verteilkampagne wird die Bevölkerung über diese neue Empfehlung informiert. Die Belieferung der Haushalte mit Jodtabletten wird im Oktober und November dieses Jahres stattfinden. Weil das Kernkraftwerk Mühleberg 2019 vom Netz genommen wurde, erhalten einige Menschen keine Jodtabletten mehr. Dies betrifft Gemeinden in den Kantonen Bern, Solothurn, Fribourg, Neuenburg und Waadt. Sie befinden sich nicht mehr im Radius von 50 Kilometern eines AKW. Alle weiteren Informationen zu Jodtabletten findest du hier.
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