Aargau/Solothurn

Kleines Haus, grosse Hürden

Kleines Haus, grosse Hürde?

Tiny House: Der Weg zur Baubewilligung ist schwieriger als gedacht

· Online seit 13.12.2021, 06:58 Uhr
Kleinwohnformen werden immer beliebter. Doch nicht immer erfüllt ein Tiny House sämtliche behördlichen Auflagen. Auch die Infrastruktur kann eine Herausforderung darstellen. Warum einige Aargauer innert kürzester Zeit eine Baubewilligung erhielten, während andere noch Monate später mit Baubehörden diskutieren.

Quelle: Sabrina Lohmann Interior Design

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Im Argovialand setzen immer mehr Leute auf Mini-Häuser. Doch es ist gar nicht so einfach, einen Stellplatz zu finden. Neben einer Parzelle Bauland braucht es eine Baubewilligung sowie eine Lösung für den Wasser- und Kanalisationsanschluss. Wegen der schwierigen Rechtslage wurde 2018 der Verein Kleinwohnformen Schweiz gegründet. Dieser hat das Ziel, eine schweizweit einheitliche Bewilligungspraxis zu schaffen und Menschen zu ermöglichen, legal in kleinen Häusern zu wohnen. Einige Mitglieder des Vereins sowie Bewohner eines Kleinhauses erzählen von ihren Erfahrungen.

Tiny House in Villmergen: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Ramona Schilling war 2019 auf der Suche nach einem Stellplatz für ihr 18 Quadratmeter kleines Tiny House. In Villmergen hatte die 31-Jährige auf Anhieb Erfolg: «Nur eineinhalb Monate nach Eingang des Gesuchs erhielt ich von der Gemeinde meine Baubewilligung», erzählt die Bündnerin. Ganz so reibungslos sei das Ausfüllen des Baugesuchsformulars aber doch nicht gewesen: «Das Formular ist nicht auf Tiny Häuser ausgerichtet. Es braucht mehr Optionen, die auf Kleinwohnformen abgestimmt sind», so Schilling.

Mauchs beschwerliche Suche nach einem Stellplatz

Gleicher Ort, anderer Zeitpunkt: Fast wären Sibylle und Michi Mauch die Nachbarn von Ramona Schilling geworden. Auch sie wollten – zwei Jahre nach Schilling – ein Tiny House auf die Wiese bei der Bahnhofstrasse in Villmergen stellen. Doch die neue Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde machte dem Paar aus Oberentfelden einen Strich durch die Rechnung. Künftig wäre mindestens ein Mehrfamilienhaus auf dieser Parzelle vorgesehen. Hätte man im Januar noch keine Probleme im Vorhaben gesehen, schmetterte die Gemeinde im März das Gesuch ab. Das Paar war enttäuscht, doch suchte weiter. Aktuell sind Anfragen in Muhen und Staffelbach hängig. Auch in Oberentfelden gäbe es allenfalls eine Möglichkeit für einen Stellplatz. Allerdings sei noch nicht klar, ob die Statik passe. Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn das Tiny House der Mauchs ist bereits in Planung. Bis Mitte 2022 soll es fertig gebaut sein. Und vielleicht gibt es tatsächlich bald ein Happy End bei der Stellplatzsuche: «Wir haben von der Bauverwaltung und dem Gemeinderat in Muhen eine Baubewilligung in Aussicht gestellt bekommen, sofern die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden», sagt Michi Mauch am Freitag freudig. Das Paar aus Oberentfelden werde in den nächsten Wochen ein entsprechendes Baugesuch einreichen. In ihrem Blog berichten Sibylle und Michi Mauch regelmässig von ihren Erfahrungen auf dem Weg zum Umzug ins Tiny House.

Kleinhaus in Hottwil: Erfüllt behördliche Auflagen

Für eine andere Kleinwohnform entschieden sich Max Haus und Magdalena Kramer aus Hottwil. Der Bauernhausteil in der Mühle in Hottwil wurde dem 77-Jährigen und seiner sechs Jahre jüngeren Frau viel zu gross und war zudem renovationsbedürftig. Wegziehen kam für die beiden jedoch nicht infrage, insbesondere wegen der Liebe zu ihren Pferden. Als das ältere Paar in Eiken erstmals ein Kleinhaus sah, fasste es den Entschluss, ein 50-Quadratmeter-Haus auf die Wiese beim Pferdestall zu stellen.

In Hottwil habe man diese Wohnform bis 2019 nicht gekannt. «Da das Kleinhaus in Süddeutschland produziert wurde, war die Gemeinde besonders skeptisch», so Kramer. Die Baubewilligung hätten die Senioren jedoch problemlos erhalten, auch da das Kleinhaus den Isolationswerten eines normalen Hauses entsprach und somit pro Quadratmeter auch gleich viel Energie verbrauchte. Die grössten Hürden waren somit nicht rechtlichen Ursprungs.

Im Januar 2019 wurde das 22 Tonnen schwere Haus in einem Stück angeliefert und das Ziegel-Spitzdach verbaut. Knapp einen Monat später, nachdem alles montiert war und die Heizung funktionierte, konnten die beiden einziehen.  Der Wohnhausteil war in der Zwischenzeit verkauft, viele ihrer alten Möbel fanden auch im neuen Haus ihren Platz. Heute, fast drei Jahre später, bereut das Paar den Umzug ins Kleinhaus keineswegs: «Wir sind glücklich und würden uns nochmals genau gleich entscheiden», schliesst die 71-Jährige.

veröffentlicht: 13. Dezember 2021 06:58
aktualisiert: 13. Dezember 2021 06:58
Quelle: ArgoviaToday

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