Seit Deutschland an der Grenze zur Schweiz wieder regelmässig Kontrollen durchführt, wurden dort zwei Drittel mehr Haftbefehle vollstreckt. Das zeigen Zahlen der deutschen Bundespolizei, welche dem «Südkurier» vorliegen. Demnach wurden zwischen Oktober 2023 bis im Juni 2024 889 Haftbefehle vollstreckt. Im gleichen Zeitraum ein Jahr davor waren es «nur» 533.
Damit bestätigt sich ein Hauptargument all jener Politiker und Politikerinnen, die für mehr Grenzkontrollen werben, schreibt die Zeitung weiter. Doch die Zahlen zeigen auch eine Überraschung. Zwar wirken sich die Grenzkontrollen auf das Migrationsgeschehen aus, aber diese Gruppe spielt bei den Haftbefehlen eine sehr untergeordnete Rolle.
Grösster Teil der «Täter» stammt aus Deutschland
Personen aus den häufigsten Herkunftsländern tauchen in der Statistik kaum auf: Lediglich gegen 25 Afghanen, 18 Syrer, 14 Iraker und sieben Iraner wurde seit Anfang 2022 an der Schweizer Grenze ein Haftbefehl vollstreckt. Der deutlich überwiegende Teil der per Haftbefehl gefassten Täter stammt allerdings aus Europa. Mit 447 Fällen stellen Deutsche den grössten Anteil aller Nationalitäten dar.
Laut dem Südkurier müsse man die hohe Zahl an Haftbefehlen aber auch differenzieren. So können gegen einen Menschen auch mehrere Haftbefehle vorliegen. Die Zahl der Fälle ist also höher als die der Täter. Die hohe Zahl an Haftbefehle komme auch zustande, weil in Deutschland aus Geldstrafen, die nicht pünktlich bezahlt werden, Haftstrafen werden können. Die sogenannte «Ersatzhaft» kann sogar bei mehrmaligem Schwarzfahren im öffentlichen Nahverkehr passieren.
Schaut man sich die Auswertung aller an der Grenze vollstreckten Fälle an, über die die Bundespolizei Konstanz seit Jahresbeginn öffentlich berichtet, dann sieht man das fast alle ausnahmslos auf Ersatzhaft lauten. Sie wurden wegen nicht bezahlter Geldstrafen verhängt, am häufigsten wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl oder Betrug.
Deutschland will Kontrollen verlängern
Schwerverbrecher werden an der Grenze also kaum gestellt. Viele Täter müssen dem Bericht zufolge auch nicht in Haft, wenn sie die offene Geldstrafe direkt vor Ort begleichen.
Die Kontrollen an der Schweizer Grenze sind noch bis zum 15. Dezember geplant. Es sieht aber danach aus, dass es verlängert wird. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte am Dienstagabend an. «Die Grenzkontrollen haben sich als effizient erwiesen. Und ich werde sie so lange wie möglich fortführen.»