Seit einer gefühlten Ewigkeit bestimmt die Corona-Pandemie unseren Alltag. Da kann es schnell passieren, dass jemand, der gesundheitliche Probleme hat, glaubt, diese könnten durch eine Infektion mit dem Corona-Virus entstanden sein. Genau das zeigt eine Studie aus Frankreich. Typische Symptome wie Kurzatmigkeit, Depressionen, Schlafstörungen oder Fatigue müssen jedoch nicht immer auf Long-Covid zurückzuführen sein.
Long-Covid trotz fehlenden Antikörper?
Wie häufig es jedoch vorkommt, dass Menschen denken, dass sie durch Corona und den daraus folgenden Langzeitfolgen in Mitleidenschaft gezogen werden, obwohl sie nie von dem Virus betroffen waren, zeigt eine Studie aus Frankreich. Insgesamt 26’823 Personen nahmen an der französischen Studie teil. Davon gaben 914 an, dass sie bereits eine Corona-Infektion hinter sich haben. Nach einem Bluttest auf Antikörper zeigte sich jedoch, dass nur bei 453 Personen davon Antikörper vorzuweisen waren.
Rund 12,6 Prozent der Probanden, welche laut Antikörpertest kein Corona hatten, gaben abter trotzdem an, dass sie sich abgeschlagen fühlen und an Long-Covid leiden. Die Autoren der Studie kritisierten deshalb, dass viele Untersuchungen zu den Auswirkungen von Long-Covid keine Vergleichsgruppen haben. Stattdessen sollen Symptome oft ungeprüft mit einer Infektion in Verbindung gebracht werden, so die Forscher.
«Wir suchen für ein Gesundheitsproblem nach einer Ursache»
Auch dem Tessiner Immunologe Andreas Cerny ist bereits aufgefallen, dass es häufiger zu solchen Fällen kommt. «Die Long-Covid-Symptome sind häufige Symptome. Dazu gehören unter anderem Müdigkeit, Atemnot, Stress, Gedächtnisprobleme sowie Angst- und Depressionsstörungen», erklärt der Immunologe gegenüber ArgoviaToday. Ausserdem erwähnt Cerny: «Es ist die Aufgabe des Hausarztes, diese abzuklären.» Denn oft können die Symptome auch andere Ursachen haben, wie eine Blutarmut, welche beispielsweise durch einen Eisenmangel hervorgerufen werden. Dass Personen ohne nachgewiesene Antikörper im Blut denken, dass sie an Long-Covid leiden, hat für Cerny einen einfachen Grund: «Es ist natürlich, dass wir für ein Gesundheitsproblem bei uns nach einer Ursache suchen, das berühmte ‹Kausalitätsbedürfnis›.»
Phänomen auch im Aargau bekannt
Auch am Kantonsspital Aarau (KSA) kenn man dieses Phänomen. Aber: «Bisher sind im Long-Covid-Zenter im Kantonsspital noch keine Fälle aufgetreten», wie Krassen Nedeltchev, Chefarzt der neurologischen Klinik am KSA, gegenüber ArgoviaToday erzählt. «Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass solche Fälle bereits bei Hausärzten waren.» Wichtig ist es jedoch zu erwähnen, dass trotz eigener Fehldiagnose Long-Covid eine ernstzunehmende Krankheit ist.
(mbr)