Weshalb zwei Monate vor einer Maturaarbeit sitzen, wenn eine Software dies in wenigen Minuten erledigt? Künstliche Intelligenzprogramme (KI), schreiben inzwischen zuverlässig Texte, Interpretationen und Zusammenfassungen auf einem bisher nie dagewesenen Niveau. Das stellt auch Aargauer Lehrer vor neue Herausforderungen.
«Lehrer müssen lernen, mit der neuen Software umzugehen»
«Die Verlockung für die Schülerinnen und Schüler ist sicher da. Gerade im Bereich der Hausaufgaben kann die künstliche Intelligenz gut eingesetzt werden», gesteht Beat Gräub, stellvertretender Geschäftsführer des Aargauischen Lehrerverbandes. Und trotzdem verteufelt er diese neuen Programme nicht: «Zuerst gab es Google, dann Youtube und Word-Schreibkorrekturprogramme und jetzt kommt mit der künstlichen Intelligenz noch eine weitere Möglichkeit dazu. Wir Lehrer müssen nun lernen, wie man mit diesen Programmen umgehen kann, sie vielleicht sogar sinnvoll im Unterricht integrieren.»
«Man muss KI einfach überlisten»
Deshalb hat Gräub seine Sekundarschüler auch direkt gefragt, ob sie bereits mit künstlichen Intelligenzprogrammen arbeiten. «Es gab Schüler, die waren total überrascht, dass es so etwas überhaupt gibt. Andere wiederum haben bereits davon gehört, nutzen die Software jedoch nicht aktiv», erzählt Gräub. Dass seine KV- und Sekundarschüler ihm in Zukunft aber «nicht selbst geschriebene» Arbeiten abliefern, darüber macht er sich noch keine Gedanken: «Man muss die Aufgabenstellungen einfach etwas anpassen und so die künstlichen Intelligenzprogramme überlisten. Anstatt einen Text über ein Experiment zu verfassen, kann man von den Schülern auch einfach die dazugehörenden Schlussfolgerungen und Interpretationen verlangen», so Gräub.
«Beim Fremdsprachen-Unterricht wird es Änderungen geben»
Anders sieht es im Bereich der Fremdsprachen aus. Ein Text vom Deutschen ins Englische zu übersetzen, funktioniert überraschend gut. Auch grammatikalisch sind diese Programme auf einem hohen Niveau. «Dort wird es sicher Veränderungen geben. Vielleicht kann man den Unterricht in Zukunft mehr aufs Mündliche verlegen und so die KI-Programme etwas umgehen», sagt Gräub und ergänzt: «Mit diesen Programmen kommen die Schulen sicher in einen Wandel, bei welchem die Lehrpersonen mitziehen müssen. Die Aargauer Lehrer machen das aber sehr gut. Die meisten von ihnen sind bereits damit vertraut und vereinzelt gibt es auch schon Weiterbildungen zu diesem Thema.»
Verunsicherung ist da bei den Lehrpersonen
Trotzdem spürt der Lehrer auch eine gewisse Verunsicherung unter den Lehrpersonen: «Als ich letzte Woche die Schüler auf das Thema angesprochen habe, war das natürlich auch im Lehrerzimmer danach ein Thema bei uns», sagt Beat Gräub und ergänzt mit einem Schmunzeln: «Und als ich nach der grossen Pause wieder in meine Klasse zurückkehrte, gestand mir ein Schüler, dass er seine Pausenzeit nun hauptsächlich damit verbringe, die künstlichen Intelligenzprogramme auszuprobieren.» Vermutlich wird sich Beat Gräub also nebst Google-Kopien und Plagiaten in Zukunft auch vermehrt mit künstlichen Intelligenzprogrammen herumschlagen müssen.