Ausnahmslose Belastung

Notfallmediziner schlägt Alarm: «Stehen am Rand des Zusammenbruchs»

15.01.2023, 08:03 Uhr
· Online seit 15.01.2023, 07:37 Uhr
Der oberste Notfallmediziner Vincent Ribordy geizt nicht mit Superlativen: «Wir stehen am Rande des Zusammenbruch», sagte er gegenüber der «SonntagsZeitung».

Quelle: Tele M1 / Beitrag vom 28.12.2022

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Es fehle an Personal, sagte Ribordy. Lebensbedrohlich Verletzte könnten zwar behandelt werden. «Aber wir müssen stärker triagieren.» Der permanente Druck lauge das noch vorhandene Mitarbeitenden aus. «Sie sind müde und erschöpft, fallen vermehrt aus, und das Risiko für Fehler steigt», so der Notfallmediziner. «So kann es nicht weitergehen.»

Für Narkose fehlt geschultes Personal

Neben einem höheren Fehlerrisiko führe die aktuelle Situation zu teils würdeloser Behandlung von Patienten und Patientinnen, langen Wartezeiten und einem Anstieg von Mortalität und Morbidität. Teils könne eine Betäubung nur durch Lachgas oder Opioide vorgenommen werden, weil für eine Narkose das geschulte Personal fehle. Die Mitarbeitenden litten unter Demotivation, moralischen oder psychischen Schäden oder Burnout – und kehrten dem Beruf deswegen den Rücken, führte Ribordy aus.

Umdenken bei Patienten

Er fordert ein Umdenken bei den Patientinnen und Patienten: «Den Menschen muss klar sein, dass sie nicht wegen jeder Kleinigkeit zu uns kommen müssen, sondern in vielen Fällen die Apotheken, Hausärzte und Permanence-Praxen helfen können», sagte Ribordy im Interview. Eine Zugangsbeschränkung für den Notfall könne helfen.

Jene, die fälschlicherweise in den Notfall kämen, seien aber das kleinste Problem: «Es braucht vor allem die Anerkennung der Notfallmediziner mit einem Facharzttitel und mehr Personal – auf allen Ebenen. Das zeigt die aktuelle Krise deutlich.»

Auch die Aargauer Spitäler stehen am Anschlag 

Auch die Aargauer Spitäler stehen am Anschlag. Zwischen den Feiertagen kam das Kantonsspital Aarau an die Kapazitätsgrenze, bestätigt der leitende Arzt des Kindernotfalls, Patrick Haberstich: «Wir hatten am 25. Dezember eine Spitze von 202 und am 26. von 196 Patienten. Also sind wir an die Belastungsgrenze gekommen mit der gesamten Notfallstation.» Und wie das KSB weist auch das KSA darauf hin, dass zu viele Bagatellfälle den Notfall belasten. Rund 80 Fälle hätten nicht in den Notfall gehört.

Wegen der der Viren, die momentan die Runde machen, sieht Kindernotfall-Leiter Patrick Haberstich auch in den kommenden Monaten noch keine Entspannung der Situation. In Baden ist das Problem denn auch nicht auf die Feiertage beschränkt. 

(sda/oeb/sib)

veröffentlicht: 15. Januar 2023 07:37
aktualisiert: 15. Januar 2023 08:03
Quelle: Today-Zentralredaktion

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