«Es kommen wieder bessere Zeiten, es kommen wieder bessere Zeiten...», denkt sich Stefan Ging während der letzten Fahrradrunde in der Königsdisziplin der Männer am Powerman in Zofingen, die ihn viel Kraft kostet. Als er bald darauf zu Wasser gelangt, sich damit abkühlen kann und etwas zwischen die Zähne kriegt, bekommt er wieder einen Motivationsschub. Er schafft es durch die Ziellinie und verpasst nur knapp das Podest: Er besetzt den 4. Platz.
Eine etwas andere Motivationsstrategie befolgt der
erstplatzierte Aarauer, Clemens Rich: «Am zweitletzten und letzten
Verpflegungstand gönne ich mir jeweils ein CocaCola – als letzten Push
sozusagen», verrät der glückliche Gewinner, der an der Ziellinie froh ist, das
es vorbei ist: «Es hätten nicht noch fünf Kilometer mehr sein dürfen – ich
hatte keine Reserve mehr.» Die beliebte Limonade hat ihren Dienst in diesem
Fall wohl getan, Clemens Rich liegt mit fünf Minuten vor dem Zweitplatzierten
und mit 15 Minuten vor Stefan Ging.
Die beiden sind in verschiedenen
Alterskategorien: Rich bei den 35-39-jährigen und Ging bei den 30-34-jährigen.
Wenn man den Hintergrund der beiden Amateure beleuchtet, unterscheiden sie sich
jedoch nicht nur im Alter.
Jeden Monat neue Laufschuhe
Für den gebürtigen Rothrister Stefan Ging ist der Powerman in Zofingen praktisch ein Heimspiel. «Familie, Freunde und das ganze Plus-Sport Team, mit dem ich oft Sport mache, waren vor Ort und haben mir zugejubelt», das sei «huere geil». Er kenne hier jede Ecke und könne die Strecke blind laufen, zudem kennen ihn die Leute und deren Zurufe «motivieren unglaublich». Aktuell arbeitet er neben dem Sport in einem 80-Prozent Pensum, wird dieses aber im Oktober auf 100 Prozent erhöhen, da er für den legendären Ironman auf Hawaii sparen möchte. «Wenn ich mich nächstes Jahr qualifiziere, dann kostet die Teilnahme um die 10'000 bis 15'000 Franken».
Auch Clemens Rich hat dieses Ziel ins Auge gefasst, doch er geht davon aus, dass die Teilnahme noch teurer wird und sich auf die 25'000 Franken belaufen könnte. «Das ist es mir nicht wert» und sowieso sei der Sport bereits sehr teuer: «Ein gutes Triathlon-Velo kostet über 10'000 Franken und jeden Monat müssen um die 150 Franken für neue Laufschuhe ausgegeben werden». Im Gegensatz zu Ging hat Rich keine Sponsoren, die für die Ausrüstung oder ähnliches aufkommen. «Ich glaube, meine Leistung ist zu bescheiden, um Sponsoren anzuziehen». Bei Ging sieht das anders aus: während drei Sponsoren für verschiedene finanzielle Belange aufkommen, kommen fünf weitere für Ausrüstung auf, das sei im Vergleich zu den Profis zwar immer noch ein kleiner Anteil, für den er aber sehr dankbar sei: «Ansonsten könnte ich mein Hobby nicht so leben».
Der frühe Vogel fängt den Wurm
Ebenfalls in einem 100-Prozent-Pensum arbeitet der Aarauer Clemens Rich, während er pro Woche zwischen 16 und 25 Stunden trainiert: «Meistens stehe ich um 5.15 Uhr auf und trainiere am Morgen vor der Arbeit. Am Mittag kommen dann noch zwei weitere Stunden dazu und am Abend habe ich frei.» Bei dem viertplatzierten Stefan Ging wird ähnlich trainiert, allerdings «nur» bis zu 15 Stunden in der Woche. «Mehr liegt bei mir neben der Arbeit einfach nicht drin». Ob der Unterschied in den Platzierungen bei den Trainingsstunden pro Woche oder an etwas anderem liegt, sei dahingestellt.
Sicher ist, nach dem Powerman ist vor dem Powerman und die beiden Aargauer werden wohl auch im nächsten Jahr wieder Vollgas geben. In einem sind sie sich jedenfalls einig: «Die Stimmung am Powerman Zofingen 2022 war super!»
(crb)