Solothurner Feuerteufel

Psychologe: «Nicht auszuschliessen, dass bald auch ein Wohnhaus brennt»

· Online seit 10.05.2022, 07:33 Uhr
Nicht weniger als acht Brände gab es seit Anfang April im Kanton Solothurn, in allen Fällen geht die Polizei mittlerweile von Brandstiftungen aus. Es handele sich vermutlich um jemanden, der planlos zuschlägt. Und genau das macht die Sache gefährlich, sagt ein Experte.
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Seit Anfang April brennt es in der Region Biberist, Halten, Kriegstetten und Recherswil fast jede Woche. Und es scheint ein klares Muster zu geben: Die Brände passieren immer am Wochenende (vorwiegend Samstagnacht), betroffen waren bisher nur unbewohnte Gebäude aus Holz. Und in allen Fällen, insgesamt acht, geht die Polizei von Brandstiftung aus.

Hier brannte es in den letzten Wochen

In Halten brannte es gleich drei Mal. Zuerst am 3. April im Clubhaus des Hornusservereins. Exakt eine Woche später stand ein Stall mit Schafen in Flammen, drei Tiere kamen dabei ums Leben. In der Nacht auf den 8. Mai dann der jüngste Vorfall, diesmal erwischte es die Waldhütte des Natur- und Volgelschutzvereins.

Dazwischen schlug der Feuerteufel auch in Recherswil zu. Am 22. April meldeten Anwohner einen Fassadenbrand beim Waldhaus. Auf den Polizeibildern ist das verkohlte Holz der Hauswand zu sehen, die Feuerwehr hatte die Flammen aber rasch unter Kontrolle gebracht. In Kriegsstetten wurde eine Futter- und Lagerhalle Opfer eines Grossbrands und brannte komplett nieder. Die Rinder, die sich ebenfalls im Gebäude befanden, konnten gerade noch rechtzeitig auf die Weide getrieben werden. Wieder handelte es sich um ein Holzgebäude, wieder geschah der Vorfall an einem Samstagabend, wieder ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung.

Insgesamt drei Brände, bei denen ebenfalls Brandstiftung im Vordergrund steht, entsprechen aber nicht diesem Muster. In Biberist brannte es Anfang April am selben Ort gleich zwei Mal: Zuerst ein geparktes Auto, nur Stunden später in einer Tiefgarage gleich daneben. Ausserdem brannte in Kriegstetten, zeitgleich mit der Futter- und Lagerhalle, auch ein Gartenschuppen an der Hauptstrasse. Ein Anwohner konnte den kleinen Brand rasch löschen. Offiziell ist nicht bestätigt, ob diese Fälle zusammenhängen, die Kantonspolizei ermittelt allerdings in diese Richtung, wie Sprecher Bruno Gribi gegenüber TeleM1 bestätigt.

«Täter sind intellektuell häufig sehr schwach»

Dass der oder die Täter bewusst ein Muster wählen, sei jedoch unwahrscheinlich, sagt Rechtspsychologe Hans-Werner Reinfried. «In den allermeisten Fällen sind solche Serienbrandstifter intellektuell sehr schwach und agieren nach dem Zufallsprinzip». Bedeutet, der Feuerteufel läuft herum und wenn ein geeignetes Objekt auftaucht – beispielsweise ein Holzhaus – und keine Zeugen in der Nähe sind, «hält man mal ein Streichholz hin und schaut, was passiert.»

Das Problem sei vor allem die Unberechenbarkeit solcher Täter, erklärt Reinfried. Auch wenn bisher nur unbewohnte Häuser den Flammen zum Opfer fielen, könnte sich das in Zukunft ändern: «Plötzlich erwischt es ein Wohnhaus, in dem auch Leute leben. Vielleicht aus Versehen. Unbewusst aus Sicht des Täters.»

Ein Hilferuf, extreme Einsamkeit oder Wut?

Warum jemand zum Feuerteufel wird, kann ganz unterschiedliche Gründe haben, sagt Reinfried. Grosse Einsamkeit oder extreme Wut auf die Gesellschaft können etwa Auslöser für solche Taten sein. «Dass sich die Brandstiftungen bisher nicht gezielt gegen öffentliche Einrichtungen oder Firmen gerichtet haben, deutet darauf hin, dass es der Täter nicht auf jemand bestimmten abgesehen hat. Häufig handelt es sich dabei um sehr scheue Menschen mit wenigen sozialen Kontakten», so der Rechtspsychologe. Wenn es jemandem sehr schlecht geht, im Leben oder auch im Beruf, können solche Taten auch ein Hilferuf sein, so Reinfried weiter. Die geografische Nähe der verschiedenen Brände lege zudem nahe, dass der Täter selber in der Region lebe.

Die Unauffälligkeit des Täters und seine Unberechenbarkeit ergeben eine gefährliche Mischung. Es ist zu hoffen, dass der Feuerteufel bald gefasst wird, bevor weitere Gebäude, Tiere oder sogar Menschen zu Schaden kommen.

veröffentlicht: 10. Mai 2022 07:33
aktualisiert: 10. Mai 2022 07:33
Quelle: ArgoviaToday

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