Quelle: Tele M1
Das Verhalten des Oberstaatsanwalts im Zusammenhang mit dem Fernbleiben der Staatsanwältin an der Obergerichtsverhandlung werde nun untersucht, teilte der Regierungsrat am Freitag mit. Gegen die weiteren involvierten Personen sieht der Regierungsrat gemäss heutigen Erkenntnissen keine Grundlage zur Prüfung personalrechtlicher Massnahmen. Es handelt sich namentlich um die betroffene Staatsanwältin selber sowie die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau.
Gerichtsverhandlung ohne Staatsanwaltschaft
Im vergangenen Jahr blieb die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau einer Verhandlung vor dem Obergericht fern. Dies, obwohl die zuständige Staatsanwältin von der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, dem Obergericht mehrfach mitteilte, dass ihr die Terminvorschläge für die Berufungsverhandlung nicht möglich seien. Auch auf das darauffolgende Verschiebungsgesuch der Staatsanwältin ging das Obergericht nicht ein. Es teilte der Staatsanwältin auch mit, dass es ihr freistünde, sich vertreten zu lassen. Das Nichterscheinen werde deshalb als unentschuldigt gelten.
Trotzdem blieb die Staatsanwaltschaft der Gerichtsverhandlung im Juni 2023 fern. Deshalb sprach das Obergericht gegen die Staatsanwältin eine Ordnungsbusse in der Höhe von 1000 Franken aus. Gleichzeitig schrieb es die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft als «durch Rückzug erledigt» ab. Deshalb kam es vor Bundesgericht zu zwei Beschwerden der Oberstaatsanwaltschaft gegen diese beide Entscheide des Obergerichts.
2 Beschwerden vor Bundesgericht
Ende April fällte das Bundesgericht dann ein Urteil. Darin stufte es die Ordnungsbusse gegen die Staatsanwältin in der Höhe von 1000 Franken als bundesrechtswidrig ein und hob diese auf. Die betroffene Staatsanwältin wurde zulasten des Kantons mit 3000 Franken entschädigt. Die zweite Beschwerde gegen die Oberstaatsanwaltschaft betreffend Rückzug der Anschlussberufung infolge unentschuldigten Nichterscheinens lehnte das Bundesgericht ab.
Regierung will pflichtwidriges Verhalten prüfen
Aufgrund dieses Urteils hat der Aargauer Regierungsrat nun die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht beschlossen. Damit will die Regierung prüfen, ob ein pflicht- oder vorschriftswidriges Verhalten vorliegt und entsprechend eine Disziplinarmassnahme ausgesprochen werden soll. Das Verfahren diene auch dazu, Philipp Umbricht die Gelegenheit für eine Stellungnahme zu geben, teilt der Regierungsrat weiter mit. «Im Rahmen des Disziplinarverfahrens ist jetzt zu klären, ob dieses Verhalten als Funktionsträger und Represäntant von so einer grossen Organisation angemessen ist oder nicht», sagt SVP-Grossrätin Désirée Stutz zu Tele M1, die auch den Vorstoss eingereicht hat.
Für die Staatsanwältin gibt es keine weiteren Konsequenzen. Der Regierungsrat sieht aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils keine Grundlage für eine personalrechtliche Massnahme. «Die Verpflichtung zur Anwesenheit besteht für die Behörde, aber nicht für die einzelne Staatsanwältin. Die Vorgesetzten wurden von ihr korrekt informiert», heisst es in der Mitteilung.
Und auch die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau muss keine personalrechtlichen Konsequenzen fürchten. Sie war während den Vorfällen im letzten Jahr zwar abwesend, aber laut Regierungsrat über die Vorgänge informiert: «Da der Leitende Oberstaatsanwalt direkt in die Angelegenheit involviert war und gegenüber dem Obergericht auch schriftlich in Kontakt trat, war die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau nicht mehr direkt zuständig.»
Umbricht äusserte sich schriftlich zu dem Verfahren gegenüber Tele M1: «Ich begrüsse es, dass gegen meine beiden ebenfalls involvierten Mitarbeiterinnen keine Verfahren eröffnet wurden. Ich begrüsse die Eröffnung des Disziplinarverfahrens, da damit eine umfassende Beurteilung möglich ist», so Umbricht.
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