Neobiota

Rosmarin löst Alarm beim Eidgenössischen Pflanzenschutz aus

· Online seit 20.09.2021, 07:29 Uhr
Der gebürtige Aargauer Hannes Hofstetter ahnte nichts Böses, als er sich bei seiner Floristin einen neuen Rosmarinstrauch besorgte. Der Kauf endete jedoch damit, dass ein Experte des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes vorbeikam, um das Kraut zu beschlagnahmen.
Hannes Hofstetter
Anzeige

Ende August kaufte Hannes Hofstetter, gebürtiger Aargauer und heute wohnhaft in Burgdorf BE, nichts ahnend einen neuen Rosmarin-Strauch. Was dann passierte, schildert der 55-Jährige gleich mit seinen eigenen Worten.

Donnerstag, 26. August 2021, 14.03 Uhr
Aus heiterem Himmel telefoniert mir die beste Floristin der Welt. Bei ihr habe sich soeben jemand von einem Bundesamt gemeldet, sagt sie. Der Mann habe sie gebeten, ihm die Koordinaten jenes Kunden zu geben, dem sie neulich einen Topf Rosmarin geliefert habe. Dieser Kunde sei ich. Worum genau es gehe, wisse sie nicht. Möglicherweise sei die Pflanze krank. Vielleicht handle es sich aber auch nur um einen Scherzanruf. Selbstverständlich dürfe sie ihm meine Kontaktdaten übermitteln, antworte ich.

Donnerstag, 26. August 2021, 14.31 Uhr
Die Floristin leitet mir eine Mail weiter, die ihr ein Mitarbeiter des Fachbereichs Pflanzengesundheit und Sorten des Bundesamtes für Landwirtschaft soeben geschickt hat.

Donnerstag, 26. August 2021, 18.29 Uhr
Anruf eines Mitarbeiters des Fachbereichs Pflanzengesundheit und Sorten des Bundesamtes für Landwirtschaft des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Offenbar pressiert es. Ob er morgen bei mir vorbeikommen könne, begehrt er zu wissen. Klar, sage ich; um 9 wäre tipptopp.

Freitag, 27. August 2021, 9.10 Uhr
Der Inspektor ist da.

Er schaut sich die Pflanze kurz an und beschliesst, sie gleich mitzunehmen. Während er Papier- und Onlineformulare ausfüllt, berichtet er, dass das Kraut aus einer Zucht in Portugal stamme. Die Krankheit, welche es möglicherweise (es gilt die Unschuldsvermutung) befallen habe, richte besonders in Süditalien verheerende Schäden an jahrhundertealten Olivenbäumen an. In der Schweiz seien primär Apfelplantagen und Rebberge betroffen. Miteinander zerren wir das Grünzeug aus dem Kübel. Der Fachmann verstaut es in einem Abfallsack.

Das Prozedere hat irgendwie etwas Unwürdiges. Erst vorgestern benutzte ich diesen Rosmarin noch, um 5 Liter Bolognese-Sauce zu verfeinern. Deshalb frage ich den Experten, ob ich nun eine Rückrufaktion starten müsse. Immerhin handle es sich bei der Xyllella fastidiosa laut der Website seines Amtes um ein hochgefährliches Bakterium (Anm. d. Red. Xylella fastidiosa ist weltweit eines der gefährlichsten Bakterien für Pflanzen und verursacht eine Vielzahl von Krankheiten mit beträchtlichen wirtschaftlichen Auswirkungen für die Landwirtschaft und den produzierenden Gartenbau).

Nein, nein, sagt der Wissenschaftler; Menschen bräuchten sich deswegen keine Sorgen zu machen. Zum Abschied händigt er mir ein Papier aus, auf dem er bestätigt, meinen Rosmarin im Namen der Schweizerischen Eidgenossenschaft beschlagnahmt zu haben.

 Mittwoch, 15. September 2021, 11.30 Uhr

Der Wissenschaftler ruft an und teilt mit, die Pflanze sei «nicht krank» gewesen.

Den originalen Text von Hannes Hofstetter findest du hier.

veröffentlicht: 20. September 2021 07:29
aktualisiert: 20. September 2021 07:29
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch