Automatismen

So hilft uns die Routine im Alltag

· Online seit 26.03.2022, 06:36 Uhr
Routine, das klingt nach Langeweile. Immer die gleichen Abläufe, spiessig und ohne jede Leidenschaft. Doch die Routine beschert uns auch unglaubliche Vorteile. Welche das sind und was in unserem Gehirn abgeht, verraten dir eine Psychotherapeutin und eine Neurobiologin.
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Der Wecker klingelt. Aufstehen, duschen, Kaffee kochen, Zähne putzen, ins Auto steigen und zur Arbeit fahren. Praktisch jeden Morgen geben wir uns unserer Routine hin und auch den Tag durch folgen wir oft ähnlichen Abläufen.

Auch Aberglaube führt oft zu Routine. Das sehen wir auch bei den grossen Stars – zum Beispiel Rafael Nadal. Seine Routine vor jedem Aufschlag: Hose, Shirt, Shirt, Nase, Ohr, Nase, Ohr.

Was ist Routine?

Wenn etwas häufig gemacht wird, kann daraus eine Routine entstehen. «Es sind gelernte oder eingeübte Tätigkeiten und Verhaltensabläufe», sagt Psychotherapeutin Claudine Ott gegenüber ArgoviaToday. «Je mehr diese ausgeübt werden, desto eher kann man von einer Routine sprechen. Das Gehirn weiss da genau, was zu machen ist und es überlässt mir gar nicht mehr so viel Kontrolle. Man muss nicht viel Bewusstsein aufbringen.» In extremen Routine-Situationen fällt man sogar in einen Trance-Zustand. Ein Beispiel: Man sitzt ins Auto, fährt los und plötzlich ist man im Geschäft angekommen, ohne sich an die einzelnen Fahrmanöver erinnern zu können.

Entlastung für das Gehirn

«Wir brauchen die Routine, um unser Gedächtnis und die Hirnleistung zu entlasten», so Claudine Ott. «Wenn ich mich jeden Morgen hundertfach entscheiden müsste, ob ich jetzt aufstehe, Zähne putze, zur Arbeit fahre, mich anziehe oder eben nicht, wäre das viel zu aufwändig – auf der gedanklichen Ebene aber auch emotional.» Dank Routinen sind wir deutlich schneller, da viele Entscheidungen entfallen.

«Routinen ermöglichen es uns auch, mehrere Sachen gleichzeitig zu machen.» Zum Beispiel Einparkieren und gleichzeitig aufmerksam Radio zu hören. Verhaltensmuster richtig eingesetzt helfen, das Leben im Fluss zu halten. Man hat dadurch den Rücken frei, um auf neue Ideen zu kommen, uns mit ungewohnten oder neuen Dingen auseinanderzusetzen oder Probleme zu lösen.

Teile vom Gehirn werden nicht gebraucht

«Dank starken Verbindungen in unserem Gehirn, welche wie automatisiert werden, müssen wir unsere kognitiven Teile des Gehirns viel weniger beanspruchen. Die Handlung passiert, ohne dass wir uns gross anstrengen müssen», sagt Claudia Thali, selbstständige Unternehmensberaterin und Neurobiologin zu ArgoviaToday.

Wir sparen Energie, indem wir einen Teil unseres Gehirns nicht brauchen. «Und zwar den präfrontalen Kortex. Den brauchen wir fürs Planen, fürs Denken oder auch fürs Lösen von mathematischen Aufgaben – also für unseren anstrengenden Alltag. Und der braucht extrem viel Energie und ermüdet sehr schnell.» Wenn wir also automatisch unterwegs sind, müssen wir diesen Teil nicht einschalten und sparen viel Kraft. «Routine entsteht, wenn die Verbindungen im Gehirn stark sind. Und bei starken Verbindungen braucht es eben ganz wenig Anstoss und dann laufen diese Prozesse automatisch», präzisiert Thali.

veröffentlicht: 26. März 2022 06:36
aktualisiert: 26. März 2022 06:36
Quelle: ArgoviaToday

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