Dass sich die Gesellschaft in Morgen- und Abendmenschen spaltet, ist nicht nur eine Redewendung, sondern Tatsache, sagt Katharina Stingelin von der Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach. Die Stärke des Morgenmenschs ist es, am Morgen früh beim ersten Weckerton aufzustehen und fit zu sein; hingegen würde der Abendmensch am liebsten erst um acht oder neun Uhr das Bett verlassen. In der heutigen Gesellschaft müssen aber auch Abendmenschen zum Teil um sechs Uhr aus dem Nest. Das gelingt auch, oft aber nur dank vieler hintereinander gestellter Wecker und der Schlummerfunktion. Zu welcher Gruppe man gehört, ist kein Zufall, so Stingelin.
Warum ist man Morgen- oder Abendmensch?
Wir Menschen haben einen internen Rhythmus, den zirkadianen Rhythmus. Durch diesen werden laut Stingelin ganz viele Hormone über die 24 Stunden geregelt. Am Morgen schütte dieser zirkadiane Rhythmus das Hormon Cortisol aus: «Das gibt uns einen richtig guten Start in den Tag. Bei einem Morgenmensch wird dieses Hormon früher ausgeschüttet, als bei einem Abendmensch.» Darum stehen Morgenmenschen ohne Problem auf, hören den Wecker sofort und sind wach. Ob das Cortisol bei dir früh am Morgen oder erst bisschen später ausgeschüttet wird, du also Morgen- oder Abendmensch bist, liegt an deinen Genen. «Das können Sie nicht beeinflussen», fügt Katharina Stingelin an.
Zusätzliche Faktoren für das exzessive Bedienen der Schlummer-Taste am Wecker seien auch Schlafstörungen oder Atemaussetzer in der Nacht: «Das wäre wirklich eine Diagnose, eine Schlafkrankheit. Und wenn man natürlich nicht richtig atmet in der Nacht, ist man nicht erholt am Morgen.» Ohne erholsamen Schlaf ist es unabhängig vom Rhythmus, dass man Mühe beim Aufstehen hat, so Stingelin. Dasselbe gilt auch für zu kurzen Schlaf.
Schlummern hilft nicht
Vor allem Abendmenschen neigen dazu, am Morgen viele Wecker zu stellen und die Schlummerfunktion zu nutzen. Der erste Wecker ertönt eigentlich viel zu früh, und die Zeit, welche vom ersten Ton bis zum Aufstehen verstreicht, ist verschwendet, mahnt Katharina Stingelin. «Lieber bis um sieben Uhr richtig schlafen, ein Wecker und aufstehen, statt um halb sieben Uhr schon den ersten Wecker zu stellen. Diese halbe Stunde Schlummern ist nicht erholsam, die bringt nichts. Lieber den Wecker etwas später stellen und dann direkt aufstehen.» Klingt einfacher als es für viele Abendmenschen wirklich ist. Darum der Tipp von der Expertin: Regelmässige Bettzeiten und genug lange schlafen. Wie viel Schlaf ein Mensch braucht sei sehr individuell: «Im Durchschnitt sind es zwischen sieben und acht Stunden. Herausfinden kann man das, wenn man in den Ferien oder am Wochenende schläft. Wie viele Stunden schlafe ich, wenn ich keine Verpflichtungen habe? Das wäre die Länge, die ich brauche.» Und so sollten auch Abendmenschen am Morgen ohne Schlummern aus dem Bett kommen.