Vom örtlichen Verein zum nächstgelegenen grösseren Club mit der besseren Juniorenabteilung und von dort aus zum ersten Profi- oder Semiprofivertrag. Etwa so sieht der Werdegang der meisten professionellen Schweizer Hockeyspieler aus. Nicht aber beim 23-jährigen Aargauer Cédric Fiedler. Geboren ist er in Boca Raton (Florida, USA) aufgewachsen ist er in Obersiggenthal und hat einige Jahre bei den Argovia Stars gespielt. Von dort aus ging es für ihn via der Nachwuchsabteilung des EV Zug zurück über den Teich in die United States Hockey League (USHL). Nach zwei Saisons gelang ihm der Sprung in die College-Liga «National Collegiate Athletic Association» (NCAA), in der er in den letzten vier Saisons im Dienst der Western Michigan University stand. Mit diesem Weg ist Fiedler unter Schweizer Spielern eher ein Exot. Nebst ihm standen in der Saison 2023/24 bloss vier andere Schweizer für College Teams im Einsatz.
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Sport und Schulunterricht gleichzeitig
Nebst den Trainingseinheiten steht für die Athletinnen und Athleten der NCAA normaler Schulunterricht an, wie für so viele amerikanische Teenager und junge Erwachsene. Sport auf einem hohen Level und ein Betriebswirtschaftsstudium zu kombinieren ist nicht immer einfach, wie sich Fiedler im Gespräch mit ArgoviaToday zurückerinnert: «Du musst nicht nur auf dem Eis, sondern auch im Schulzimmer deine Leistung bringen. Das erfordert viel Zeitmanagement. Beispielsweise waren wir für die Auswärtsspiele viel unterwegs, da kam es auch vor, dass man die Hausaufgaben unterwegs im Bus machen musste», so Fiedler. Durch diese Doppelbelastung sei er heute viel organisierter als früher.
So wie für viele andere Spieler war und bleibt der grösste Traum für den Verteidiger, eines Tages in der besten Hockeyliga der Welt, der NHL, zu spielen. Gedraftet wurde der 1,91-Meter-Hüne jedoch nie. Ein ganz unbeschriebenes Blatt unter den NHL-Teams ist der Aargauer jedoch nicht. Im Sommer 2022 wurde er von den Detroit Red Wings in das Development-Camp eingeladen, in dem er intensiv getestet und beobachtet wurde. Trotzdem zeichnete sich ab, dass der Sprung in diese Liga für den Aargauer milde gesagt enorm schwierig sein wird, obwohl einige Teams aus der zweithöchsten Liga «American Hockey League» (AHL) Interesse zeigten.
Die Rückkehr nach Europa
Zwar hätte er noch ein Jahr im College spielen können, um sich weiter zu verbessern, doch für den 23-Jährigen war nach einiger Überlegungszeit klar, dass er sein Glück an einem anderen Ort finden wollte. «Ich hatte in der NCAA einen Stammplatz. Persönlich spiele ich aber sehr gut unter Druck. Deshalb habe ich nach einer neuen Herausforderung gesucht», erklärt Fiedler.
Diese hat er nun beim Vizemeister in Lausanne gefunden. «Lausannes Sportchef John Fust hat mir immer wieder mal eine SMS geschickt, um nach meinen Plänen zu fragen und Interesse an mir zu zeigen. Als ich mich dazu entschied, in die Schweiz zurückzukehren, dachte ich, dass es der richtige Schritt ist, hier zu unterschreiben», sagt Fiedler und ergänzt: «Lausanne ist eine Top-Organisation mit einem super Coaching-Staff und einer hervorragenden Infrastruktur.» Das Thema Nordamerika und NHL hat er aber noch nicht abgehakt. «Die NHL bleibt ein grosser Traum», sagt Fiedler. Sein dreijähriger Vertrag würde es ihm zudem erlauben, rasch eine potenzielle Chance zu ergreifen.
In seinem neuen zu Hause fühlt sich Fiedler übrigens sehr wohl, nur sein Schulfranzösisch will er noch etwas aufbessern. «Ich war früher eigentlich nie in Lausanne. Als ich dann in der ersten Woche die Stadt besucht habe, dachte ich mir: ‹Wow, hier ist es mega schön›», sagt Fiedler. Ebenso hat er sich im neuen Stadion und der Mannschaft gut eingelebt, für die er bloss positive Worte findet.
Trotzdem bleibt ein Teil von ihm auch im Aargau zu Hause. «Meine Familie wohnt immer noch hier. Wenn ich Zeit habe, komme ich sehr gern zurück. Hier bin ich aufgewachsen und habe die Schule besucht. Der Aargau wird immer meine Heimat bleiben.»
Der Kampf um den Stammplatz
Im Kader des HC Lausanne sind aktuell elf Verteidiger. Darunter auch solche wie Andrea Glauser und Lukas Frick, welche schon zahlreiche Partien für die Schweizer Nati absolviert haben. Pro Spiel kommen sieben davon zum Einsatz, wenn es gut kommt. Zu denen will auch der Abwehrspezialist Fiedler gehören. «Ich will mich unter den top sechs Verteidigern etablieren, so viel wie möglich spielen und im Unterzahlspiel im Einsatz stehen. Als Defensiv-Verteidiger schaue ich nicht allzu viel auf die Punkteausbeute. Wichtiger ist für mich, dass ich mich bei der Plus-Minus-Statistik auf einem guten Niveau befinde», sagt Fiedler.
Bis jetzt hat er mit der Mannschaft bloss trainiert. Das Niveau und die Intensität beschreibt er als sehr hoch. Schon sehr bald gilt es aber für Fiedler, sich im Ernstkampf zu beweisen. Mitte August beginnen für die Waadtländer die Testspiele und am 17. September bestreiten sie zu Hause ihr erstes Saisonspiel gegen den Rivalen HC Genf Servette.