Umweltschutz

Reitnauer Meeresschutzbiologin will Ökozid als Verbrechen listen

· Online seit 25.04.2023, 10:41 Uhr
Umweltzerstörer sollen künftig strafrechtlich verfolgt werden. Das fordern eine Aargauer Meeresschutzbiologin und ihre Schutzorganisation mit der Petition «Stopp-Ökozid» von der Schweizer Regierung. Doch was ist Ökozid und warum soll die Schweiz handeln?
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Überfischung der Meere, Plastikverschmutzung im Ozean oder die Abholzung der Wälder, der Ökozid ist die massive Umweltschädigung durch den Menschen. «Sie wird durch industrielle Aktivitäten verursacht und durch Entscheidungsträger ausgelöst», erklärt Silvia Frey, Meeresschutzbiologin und Vorstandsmitglied von Kyma sea conservation & research, gegenüber ArgoviaToday. Die Schweiz trage zu dieser Zerstörung bei. «Wir wollen die starke Umweltzerstörung bekämpfen», so Frey.

Ziel der Petition

«Wir brauchen dringend ein System, das sorgfältig mit der Natur umgeht. Unsere Gesetze sind nur für die Nutzung, nicht aber auf Sorgfalt ausgerichtet», sagt die Meeresschutzbiologin. Die Petition verfolgt deswegen vor allem zwei Ziele:

Einerseits soll Ökozid auch in der schweizerischen Gesetzgebung aufgenommen werden, und andererseits soll es als fünftes Verbrechen beim Internationalen Strafgerichtshof (ISTGH) aufgenommen werden. Genau dabei könne und solle die Schweiz mithelfen. Denn die Schweiz ist Mitglied des Römer Statuts und hat ein Mitspracherecht bei der Schaffung der rechtlichen Grundlagen.

Darum reiche die aktuelle Gesetzgebung nicht aus

Zwar ist die Umweltschädigung in vielen Ländern im Umweltschutzgesetz abgedeckt, aber das habe bis jetzt nicht sonderlich viel genützt. Die Umweltzerstörung nehme immer mehr zu. «Firmen rechnen bereits mit allfälligen Bussen und legen deswegen im Voraus bereits Geld dafür zur Seite», so die Wissenschaftlerin.

«Wenn Ökozid als internationales Verbrechen gelten würde, würde sich das auf Geschäftsentscheidungen, Investitionen und Geschäftsmodelle auswirken, denn niemand will etwas machen, das offiziell als Schwerstverbrechen gilt», erklärt Frey.

Normalbürger wären nicht betroffen

«Es betrifft nur schwerwiegende und weitreichende Auswirkungen», erklärt sie. Normalbürger seien nicht die Verursachenden von Ökozid. «Von der Petition betroffen wären die Entscheidungstragenden von Unternehmen oder auch Regierungen. Es sollen die zur Verantwortung gezogen werden, die beispielsweise die Rodung des Amazonas-Waldes veranlassen und so ganze Ökosysteme zerstören», so die Meeresschutzbiologin weiter.

Vor allem Unternehmer seien kritisch

Dass plötzlich eine Einzelperson im Fokus der Strafverfolgung stehen könnte, störe einige Unternehmer. Ihnen sei das Vorgehen zu kompliziert und sie sind oft der Meinung, dass nicht eine Person allein verantwortlich gemacht werden könne. Einige Länder hingegen sagen, dass sie mit den aktuellen Gesetzen die Umweltschäden nicht verhindern können und die Verantwortung klar sein müsse. «Nur weil etwas kompliziert ist, darf das kein Argument sein, nichts dagegen zu unternehmen», sagt Silvia Frey abschliessend.

Eine Frage der Umsetzbarkeit

«Das Verständnis für das Problem der Umweltschädigung ist in der Wirtschaft angekommen», sagt Matthias Jauslin, FDP-Nationalrat. Es stelle sich mehr die Frage, ob die Petition der richtige Weg sei. «Bereits heute gibt es Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Entscheide des Internationalen Gerichtshofs», so Jauslin weiter. Denn für die Umsetzung sind letzten Endes die einzelnen Staaten verantwortlich. Ausserdem anerkennen viele Staaten den internationalen Gerichtshof gar nicht. «Oftmals sind es genau die Länder, in denen grosse Umweltzerstörungen stattfinden», so der Nationalrat weiter. «Am besten wäre es natürlich, wenn das Problem im jeweiligen Land behandelt wird oder mit zwischenstaatlichen Vereinbarungen angegangen wird», sagt Jauslin.

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veröffentlicht: 25. April 2023 10:41
aktualisiert: 25. April 2023 10:41
Quelle: ArgoviaToday

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