Überbelastet

650'000 Menschen wollen wegen zu viel Stress den Job wechseln

21.11.2022, 10:26 Uhr
· Online seit 21.11.2022, 10:20 Uhr
Mehr als eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer plant aufgrund zu hoher Belastung einen Jobwechsel. Besonders schlecht fallen die Beurteilungen der Arbeitssituation im Gesundheitswesen aus. Experten sehen aufgrund der Analyse dringenden Handlungsbedarf.
Anzeige

Das grösste Thema in der Arbeitswelt ist der Stress. Laut der neusten Travailsuisse-Analyse wollen über eine halbe Million Angestellte deswegen die Stelle wechseln. Kaum von Belang ist angesichts der tiefen Arbeitslosigkeit und des Fachkräftemangels die Sorge um den Arbeitsplatz.

Zum achten Mal hat Travailsuisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden, am Montag in Bern die Ergebnisse seines «Barometers Gute Arbeit» vorgestellt. Demnach hat der Anteil der Arbeitnehmenden, die sich gestresst fühlen, seit 2016 von knapp 38 auf 43 Prozent zugenommen. Jede und jeder Dritte zieht wegen der hohen Arbeitslast einen Stellenwechsel in Betracht.

Starre Hierarchie und körperliche Erschöpfung

Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich ortete vor den Medien gemäss Redetext «akuten Handlungsbedarf» bei der Stressbekämpfung, «wenn über 650'000 Arbeitnehmende deswegen einen Stellenwechsel anstreben».

Insbesondere körperliche Tätigkeiten oder zu starre Hierarchien wirken sich gemäss der Analyse durchwegs negativ auf die Beurteilung der Qualität der Arbeitsbedingungen aus, besonders im Gesundheits- und Sozialwesen. Arbeitnehmende dieser Branchen beurteilen die Arbeitsbedingungen schlechter als in den übrigen Branchen.

Keine Angst vor Jobverlust

Insgesamt deuten die neusten Ergebnisse darauf hin, dass die Arbeitsbedingungen besser bewertet wurden als in früheren Jahren. Etliche Bedingungen würden von den Arbeitnehmenden «signifikant besser beurteilt», wie Gabriel Fischer, Leiter Bildungspolitik bei Travailsuisse, sagte.

Seit Beginn der Barometer-Erhebungen noch nie so tief war etwa die Angst der Arbeitnehmenden vor einem Verlust der Stelle. Gerade einmal 11,2 Prozent machen sich diesbezüglich unmittelbar Sorgen.

Keine Weiterbildung für Teilzeit-Angestellte

Fortschritte gibt es gemäss der neusten Analyse auch bei der Weiterbildung durch die Arbeitgeber. 54 Prozent der Beschäftigten profitieren davon. Allerdings hapert es in diesem Bereich bei vielen tiefer Qualifizierten und Teilzeitbeschäftigten weiterhin. Fast jeder und jede zweite Teilzeitarbeitende wird nicht oder kaum weitergebildet.

Verbesserungspotenzial sehen die befragten Angestellten bei der Einhaltung der Lohngleichheit in den Unternehmen. Nur jeder vierte Angestellte in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigen hat Informationen zur internen Lohnanalyse erhalten. Dazu sind diese Unternehmen laut Gleichstellungsgesetz seit Juli 2020 verpflichtet.

In der generellen Beurteilung der Frage gibt es allerdings einen Geschlechtergraben: 68 Prozent der Männer erachten die Lohngleichheit in ihrem Unternehmen in hohem Masse als gegeben. Bei den Frauen liegt der entsprechende Anteil nur bei 54 Prozent.

(sda/roa)

veröffentlicht: 21. November 2022 10:20
aktualisiert: 21. November 2022 10:26
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch