Vorfall geheimgehalten?

Bundesrat erfuhr wohl aus den Medien von Bersets Frankreich-Irrflug

· Online seit 17.07.2022, 08:39 Uhr
Dass Alain Berset von der französischen Luftwaffe zur Landung gezwungen wurde, hat für Wirbel gesorgt. Laut einem Medienbericht hielt es der Innenminister aber nicht für nötig, seine Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat über den Vorfall zu informieren. Intransparenz mit System?
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron soll davon gewusst haben – die Schweizer Regierung allerdings nicht. Wie der «Sonntagsblick» berichtet, informierte Bundesrat Alain Berset seine Kolleginnen und Kollegen nicht über den Luft-Zwischenfall, der sich am 5. Juli ereignet hatte. Berset habe versucht, «den Vorfall unter dem Deckel zu halten».

Lässt Berset den Bundesrat im Dunkeln?

Bersets Sprecher Christian Favre habe bestätigt: «Nach unserem Wissen wurde kein Gerichtsverfahren eingeleitet. Die Situation rechtfertigte keine Information des Bundesrates.» Die übrigen Mitglieder der Landesregierung dürften vom Irrflug also erst aus den Medien erfahren haben.

Es sei nicht das erste Mal, dass Alain Berset Transparenz im Gesamtbundesrat vermissen lasse. Auch als sein Kommunikationschef im Zusammenhang mit der Affäre um die Crypto AG mehrere Tage in Untersuchungshaft sass, habe der Innenminister das Gremium nicht informiert.

Misstrauen im Bundesrat, Besorgnis im Parlament

In der Landesregierung herrsche mittlerweile Misstrauen, deren Mitglieder driften angeblich nach dem von der Corona-Pandemie erzwungenen Schulterschluss mehr und mehr auseinander. Diese Sicht teilen auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier.

Man sehe, dass sich die Bundesräte nicht mehr über den Weg trauten, wird etwa Nationalrat und Aussenpolitiker Roland Rino Büchel (SVP/SG) zitiert. «Das Schlimme ist, dass dieses Misstrauen untereinander gerechtfertigt scheint.» FDP-Ständerat Damian Müller betont zwar, dass der Grundsatz «privat ist privat» gelte. «Aber sicher haben diese Vorfälle auch einen politischen Aspekt.» Berset hätte seine Kolleginnen und Kollegen deshalb ins Bild setzen müssen.

«Wir arbeiten unter Hochdruck – der Innenminister gönnt sich einen Rundflug»

Der misslungene Frankreich-Flug stösst laut Blick auch in der Bundesverwaltung auf Kritik. Ein hoher Beamter wird zitiert: «Wir arbeiten unter Hochdruck, um die anstehenden Herausforderungen der Nation zu meistern – Inflation, Energiekrise, Flüchtlinge. Ich habe Kollegen im Amt, die sich kaum eine Kaffeepause gönnen. Und der Innenminister gönnt sich einen gemütlichen Rundflug.»

Bundesrat Alain Berset war Anfang Juli in einer Cessna Richtung Frankreich geflogen — er selbst als Pilot im Cockpit. Dabei drang der Schweizer Innenminister offenbar in gesperrten Luftraum ein und löste einen Einsatz der französischen Luftpolizei aus. Zwei Kampfjets mussten daraufhin den Bundesrat zur Landung begleiten.

(osc)

veröffentlicht: 17. Juli 2022 08:39
aktualisiert: 17. Juli 2022 08:39
Quelle: ZüriToday

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