Wie bereits länger bekannt ist, haben Armee und Zivilschutz Mühe, ihre Reihen mit genügend Personal zu füllen. Gemäss Mitteilung des Bundesrats vom Freitag wird der Sollbestand des Zivilschutzes von 72’000 Personen bereits heute leicht unterschritten. Und die Armee wird demnach gegen Ende des Jahrzehnts Schwierigkeiten haben, den Bestand von 140'000 Armeeangehörigen sicherzustellen.
Die Behörden haben nun nach Möglichkeiten gesucht, wie dem Problem langfristig entgegengewirkt werden kann. Von vier Varianten werden zwei nun vertieft geprüft, wie der Bundesrat am Freitag mitteilte. In allen Varianten müsste die Verfassung angepasst werden.
Frauen in der Dienstpflicht
Die eine Variante zielt auf die Frauen. Verteidigungsministerin Viola Amherd startete bereits mit Übernahme des Departements eine Offensive zur Frauenförderung.
Entsprechend sieht die «bedarfsorientierte Dienstpflicht» vor, die Dienstpflicht auf Frauen auszuweiten. Gemäss Mitteilung würden dann aber nur so viele Personen rekrutiert, wie Armee und Zivilschutz benötigen. Das wäre laut Mitteilung rund die Hälfte aller stellungspflichtigen Frauen und Männer. Weil aber der Rekrutierungspool gegenüber heute verdoppelt würde, könne sichergestellt werden, dass für Armee und Zivilschutz genügend Personal zur Verfügung stünde.
Die zweite Variante - die «Sicherheitsdienstpflicht» - sieht die Zusammenlegung des Zivildienstes und des Zivilschutzes in einer neuen Organisation vor. Dadurch werde sichergestellt, dass der Zivilschutz genügend Personal rekrutieren könne. Da die Armee bei der Rekrutierung Vorrang vor dem Zivilschutz habe, würde diese Variante auch bei der Armee für ausreichendes Personal sorgen.
Frauen auch an Orientierungstag
Bei diesen beiden Varianten gebe es aber noch offene Fragen, schreibt der Bundesrat. Beispielsweise müsse abgeklärt werden, wie der tatsächliche Bedarf aussähe, wenn die Dienstleistungen im Zivilschutz zunehmen würden. Auch die konkreten Folgen einer Umsetzung und die genauen Kosten müssten beleuchtet werden. Das Verteidigungsdepartement (VBS) soll mit dem Wirtschaftsdepartement (WBF) die Varianten bis Ende 2024 vertieft prüfen.
Ebenfalls wird geprüft, den aktuellen Status Quo zu ergänzen um eine obligatorische Teilnahme für Frauen am Orientierungstag. Aus Sicht des Bundesrats ist dies «in jedem Fall ein nützlicher Schritt», um den Frauenanteil in der Armee zu erhöhen. Deshalb wird auch diese Option vertieft geprüft.
Diese Idee war jedoch bereits einmal gescheitert. Wegen des Aufwands, der mit einer Verfassungsänderung verbunden ist, sprachen sich damals die Kantone dagegen aus und die Arbeiten wurden Mitte 2018 eingestellt.
Bürgerdienstpflicht vom Tisch
Zwei ebenfalls geprüfte Varianten sind vom Tisch, weil der Bezug zur Sicherheit nur bedingt gegeben sei und die Anzahl zu leistender Diensttage damit verdoppelt würde. In beiden Fällen wären die Aufgabenbereiche von Armee und Zivildienst erweitert worden.
Die «Bürgerdienstpflicht» hätte vorgesehen, die Dienstpflicht ebenfalls auf Frauen auszuweiten. Dabei hätten aber nicht wie bei der gewählten «bedarfsorientierten Dienstpflicht» nur die Hälfte der Stellungspflichtigen, sondern alle Diensttauglichen Dienst leisten müssen. Bei der «Bürgerdienstpflicht mit Wahlfreiheit» hätten ebenfalls alle diensttauglichen Frauen und Männer Dienst geleistet, sie hätten aber wählen können, welche Art von Dienst sie leisten.
Zuerst Gleichstellung in anderen Bereichen
Weil eine Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems einschneidende Veränderungen bedeutet, hat das VBS gemäss Mitteilung dazu eine Umfrage und Anhörungen durchgeführt. Diese habe gezeigt, dass die Bereitschaft, Dienst zu leisten, gekoppelt sei an einen erkennbaren Nutzen für die Dienstleistenden und eine verbesserte Vereinbarkeit mit der persönlichen Lebensplanung. Bei der Dienstpflicht für Frauen seien die Reaktionen zurückhaltend, solange die Gleichstellung in anderen Bereichen nicht realisiert worden sei. Bürgerliche Politiker unterstützten aber diese Idee.