Die besagten Videos auf der Social-Media-Plattform TikTok erklären den Zuschauenden, was für positive Folgen der Konsum des giftigen Pilzes haben könnte. Das Gesicht hinter einiger dieser Videos ist Marianne Niklasson.
«Potenzial, Nervensystem zu entspannen»
Niklasson ist nicht die Inhaberin des obigen TikTok-Kanals. Sie betont, dass die Videos lediglich kleine Ausschnitte aus einer dreieinhalbstündigen Präsentation sind, in der sie und ihr Mann alle wichtigen Fakten über den Pilz darlegen. Die beiden glauben, dass das wahre Potenzial des Pilzes in Anwendung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung läge.
«Richtig angewendet hat er das Potenzial, das Nervensystem zu entspannen und die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken. Der Pilz kann helfen, Gewohnheiten und limitierende Glaubenssätze zu ändern oder ein grösseres emotionales Spektrum im Leben zu erreichen», erläutert Niklasson.
Suche nach «Trips» durch Fliegenpilze ist gefährlich
Doch der Trend sei gefährlich, warnt Marianne Niklasson: «Wir sind besorgt über die Tendenz, dass Menschen mit ‹Amanita muscaria› (Fliegenpilz) nach ‹Trips› suchen.» Es bestehe ein echtes Risiko, dass Menschen, die den Pilz in der Hoffnung auf eine psychedelische Erfahrung konsumieren, die Dosis immer weiter erhöhen, bis sie schliesslich eine so hohe Dosis nehmen, dass sie in Halluzinationen abgleiten, die Kontrolle über ihren Körper verlieren und sich potenziell verletzen.
Die Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane der Schweiz (VAPKo) bestätigt die grosse Gefahr: «Der Fliegenpilz ist ein Giftpilz. Das weiss jedes Kind. Bei Vergiftungen kommt es zu schnellem oder langsamen Puls, weiten Pupillen, erhöhtem Blutdruck, zu Rauschzuständen, teils auch zu Erbrechen», warnt Mediensprecherin Marionna Schlatter. Die Giftmenge kann von Exemplar zu Exemplar stark variieren, was höchst gefährlich ist.
Fliegenpilze können zu gravierenden gesundheitlichen Problemen führen
Schlatter ergänzt: «Je nach Giftpilz kann es bei Magen-Darm-Beschwerden bleiben, andere können aber auch ein Nieren- oder Leberversagen mit Todesfolge nach sich ziehen.» Die VAPKo legt die Zahlen solcher Kontrollen offen: Bei der Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane der Schweiz wurden letztes Jahr bei ungefähr 30'000 Kontrollen etwa 800 Kilogramm giftige Pilze beschlagnahmt, 54 Kilogramm davon waren sogar tödlich giftige.
Die Expertin der Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane der Schweiz betont: «Ob ein Pilz giftig ist, weiss man nur, wenn man die Pilzart kennt. Gerade deshalb ist der Gang in die Pilzkontrolle unersetzlich.» In der Schweiz gibt es zahlreiche solche Kontrollstellen, die kostenlos sind.
Komatöse Reaktion möglich
Colette Degrandi von Tox Info Suisse erläutert, dass man ins Spital muss, wenn ein schwerer Verlauf vorliegt: «Man muss Beruhigungsmittel nehmen und wird überwacht. Bei einer komatösen Reaktion auf den Giftpilz ist das Risiko da, dass man erbricht und das Erbrochene in die Lunge gelangt.» Daher sei eine Überwachung im Spital sehr wichtig.
Degrandi empfiehlt daher ebenfalls, sämtliche Pilze von einer offiziellen Pilzkontrollstelle kontrollieren zu lassen. «Es gibt immer wieder verzeichnete Pilzfälle, bei denen jemand bei Tox Info Suisse anruft aufgrund einer Verwechslung oder absichtlichen Missbrauchs eines giftigen Pilzes.» Eine Aufwärtsbewegung der Zahlen werde jedoch nicht festgestellt, besonders nicht aufgrund des aktuellen TikTok-Trends.
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