Frauenherzen

Der weibliche Herzinfarkt - eine unterschätzte Gefahr?

27.11.2021, 19:14 Uhr
· Online seit 27.11.2021, 16:52 Uhr
Frauenherzen schlagen anders. Sie sind nämlich kleiner und schlagen auch schneller. Und auch die Symptome eines weiblichen Herzinfarkts können anders sein als bei Männern. Die Missachtung dieser Unterschiede kann für Frauen lebensgefährliche Folgen haben.
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Obwohl die Sterberate bei einem Herzinfarkt in der Schweiz im  Allgemeinen weiter abnimmt, sterben dennoch immer noch deutlich mehr Frauen an einem Herzinfarkt als Männer. Auch wenn sie viel seltener an einem erkranken. Das liegt vor allem daran, dass der Herzinfarkt immer noch als «typische» Männerkrankheit gilt. Heftige Schmerzen in der Brust und im linken Arm – das ist für viele die klassische Symptomatik. Aber nur etwa jede achte Frau hat das klassische männliche Symptom der Brustkorbschmerzen.

Weibliche Symptome sind vielfätiger

Die Symptome des weiblichen Infarkts weisen sich anders aus als bei Männern. «Bei Frauen zeigt sich eher ein Druckgefühl in der Brust, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, ein Ziehen in beiden Armen, sie fühlen sich müde und schwach», berichtet Dr. Anna Mitulla, Fachärztin für Kardiologie und innere Medizin, Kardiologie Mitteland. Und da diese unspezifischer seien, hielten Frauen die Symptome oft für eine Magenverstimmung oder für Kreislaufprobleme und setzten viel zu spät einen Notruf ab. «Damit verstreicht auch wertvolle Zeit, bevor sie eine adäquate medizinische Versorgung erhalten», so Mitulla weiter. «Oft ist es so, dass der Arzt erst beim Schreiben eines EKG's einen Herzinfarkt feststellt und erst dann die richtige Behandlung eingeleitet werden kann.»

Ein weiterer Faktor sei, dass Frauen dazu neigen, Symptome oder allfällige Auffälligkeiten klein zu reden, um der etwaigen Dreifachbelastung mit Haushalt, Kind und Job gerecht zu werden und somit erst später bei einem Spezialisten vorstellig werden. Studien besagen, dass Frauen bei einem Herzinfarkt später als Männer in die Klinik eingeliefert werden. In der Schweiz beträgt die Differenz rund 45 Minuten. Doch gerade bei einem akuten Infarkt zählt jede Minute. Die Folge davon ist, dass Frauen ein um ein Drittel höheres Risiko haben, den Infarkt nicht zu überleben.

Das weibliche Hormon Östrogen schützt vor Herzerkrankung

Das Risiko für einen Herzinfarkt steigt bei Frauen schlagartig mit dem Eintritt der Menopause. Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen hat vorher einen schützenden Effekt. Es beeinflusst Entzündungsreaktionen und die Blutgerinnung positiv und wirkt erweiternd auf die Blutgefässe. Mit den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel allerdings und damit lässt dieser Hormonschutz nach.

Die bislang charakteristischen männlichen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, ein ungesunder Lebensstil und natürlich Stress spielen auch bei Frauen immer häufiger eine Rolle. «Deswegen sind auch immer mehr jüngere Frauen davon betroffen, denn Stress setzt dem weiblichen Herzen oft mehr zu», führt die Fachärztin weiter aus.

Um Frauen und ihre Umgebung dafür zu sensibilisieren, gibt es in der Schweiz spezielle Infoveranstaltungen zum Thema «Herzinfarkt für Frauen». In der Kardiologie Mittelland werden Patientinnen bereits auf die «atypischen» Symptome hingewiesen. Darüber hinaus will auch die CSS Versicherung die Prävention in gewissen Bereichen weiter ausbauen. Dafür soll das Gesundheitslexikon auf der Website um die Spezifikationen für Frauen erweitert werden und auch in ihren folgenden Publikationen und auf Social Media stärker thematisiert werden, so die Mediensprecherin Sabine Betschart auf Anfrage.

Was musst du bei einem Notfall tun? 

Wichtig ist, bei einem Notfall sofort Erste Hilfe zu leisten und die einzelnen Schritte einzuhalten. Zuerst muss ein Notruf unter der Notfallnummer 112 oder 144 abgesetzt werden. Sollte die betreffende Person leblos sein und nicht mehr atmen, sollte man das der Notrufzentrale unbedingt mitteilen, damit die Sanitäter sich auf eine Reanimation vorbereiten können. Der nächste Schritt ist eine Herzdruckmassage. Wenn du in der Öffentlichkeit bist, gilt zudem: immer nach Hilfe rufen und Unterstützung einfordern. «Mittlerweile findet man auch an vielen öffentlichen Plätzen einen Defibrillator – sicher immer an den SBB-Bahnhöfen und in Apotheken», sagt Dr. Anne Mitulla. Jede dieser Massnahmen kann lebensrettend sein.

(sib)

veröffentlicht: 27. November 2021 16:52
aktualisiert: 27. November 2021 19:14
Quelle: ArgoviaToday

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