Auf der Erde gibt es seit fast vier Milliarden Jahren Ozeane, der Mars beherbergte früher Seen und Flüsse. Aber die Fachwelt ist sich uneins, ob sich flüssiges Wasser auch jemals in die Venus hineingefressen hat. Ein Team um den Astrophysiker Martin Turbet von der Universität Genf fügt der Debatte im Fachmagazin «Nature» nun ein Puzzlestück hinzu.
«Wir haben das Klima der Erde und der Venus ganz am Anfang ihrer Entwicklung simuliert, vor mehr als vier Milliarden Jahren, als die Oberfläche der Planeten noch geschmolzen waren», erklärte Turbet in einer Mitteilung der Universität Genf vom Mittwoch. Die Himmelskörper ähnelten damals einem gigantischen Dampfkochtopf.
Und gemäss den Forschenden waren die Temperaturen auf der Venus nie tief genug, als dass der Wasserdampf in der Atmosphäre kondensieren und sich in Form von Regen auf dem Planeten ergiessen konnte. Denn Wolken, die sich bevorzugt auf der Nachtseite des Planeten bildeten, sorgten für einen enormen Treibhauseffekt, der eine ausreichend starke Abkühlung der Venus - und somit die Bildung von Ozeanen - verhinderte.
Missionen sollen Klarheit schaffen
In den nächsten zehn Jahren schicken die europäische und amerikanische Raumfahrtagenturen Esa und Nasa drei Missionen zur Venus. Die dann gewonnenen Beobachtungen werden entscheidend sein, «um unsere Arbeit zu bestätigen - oder zu widerlegen», sagte der Genfer Professor und Mitautor der Studie, David Ehrenreich.
«Wenn die Autoren richtig liegen, war die Venus schon immer ein Höllenloch», schreiben die US-Forscher James Kasting und Chester Harman in einem Begleitartikel zur Studie. Tatsächlich ist die Venus heute ein «Höllenloch»: Die dicke Atmosphäre besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid, es herrscht ein unglaublich starker Luftdruck und die Temperaturen liegen Tag und Nacht bei etwa 470 Grad Celsius.
Die Erde hatte Glück
Die Astrophysiker zeigten in ihren Simulationen ebenfalls, dass die Erde nur haarscharf am gleichen Schicksal wie die Venus vorbeischrammte. Wäre die Erde nur ein wenig enger um die Sonne gekreist oder hätte die Sonne früher so hell geschienen wie heute, wäre sie nun ein genauso unwirtlicher Planet wie die Venus.
Die Ergebnisse haben den US-Forschern zufolge auch Auswirkung auf die Suche nach Leben auf Exoplaneten: Einige Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems, die für bewohnbar gehalten wurden, seien es möglicherweise nicht, schreiben sie.
https://www.nature.com/articles/s41586-021-03873-w