Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi (16.05.2022)
Blitze sind ein eindrückliches Naturphänomen und auch für die Wissenschaft ein interessantes Thema. Beispielsweise gab es dazu bereits in den 1940er Jahren konkrete Forschungsarbeiten. «Über ein Tal wurde ein Stahlseil gespannt, um möglichst hohe Potenziale einzufangen», erklärt Dr. Reinhold Bräunlich, ehemaliger Geschäftsleiter der Fachkommission für Hochspannungsfragen FKH.
Dies jedoch vor allem für militärische Zwecke: «Dadurch wollte man Energie sammeln, um hohe Störimpulse gegen den Gegner richten zu können.»
Bruchteil der Energie erreicht den Boden
Heutzutage werden ebenfalls «immer mal wieder» Forschungsarbeiten über die Nutzung von Blitzenergien gemacht, meint Dr. Bräunlich. Dass diese Energie jedoch nicht zur Stromversorgung genutzt wird, hat einen simplen Grund. «Wirtschaftlich ist es schlussendlich nicht interessant», sagt er.
«Zwischen Wolken und Erde gibt es bei einem Blitzschlag typischerweise 100 Millionen Volt Spannung», erklärt Reinhold Bräunlich. Von der gewaltigen Menge Energie käme jedoch nur ein kleiner Bruchteil am Boden an. «Viel Spannung geht auf dem Weg in Form von Lärm, Wärme und Licht verloren.» Dazu käme, dass im Schweizer Mittelland nur rund fünf Blitze pro Quadratkilometer im Jahr einschlagen. «Man bräuchte also riesige Anlagen, um die Blitze einfangen zu können.»
Ein Zahlenbeispiel:
Gemäss VDE liefert ein Blitz rund 80 Kilowattstunden elektrische Energie. Ein typischer Schweizer Haushalt bezahlt etwa 20 Rappen pro Kilowattstunde. Somit ist der «Wert» eines Blitzes umgerechnet 16 Franken.
Rechnet man mit 80'000 Blitzen in der Schweiz, wären dies rund 1,3 Millionen Franken pro Jahr. Diese könnten jedoch nur verdient werden, wenn wirklich alle Blitze flächendeckend abgefangen werden. Man kann sich leicht vorstellen, dass dieses benötigte Abfangnetz die 1,3 Millionen Franken Einnahmen um ein Mehrfaches übersteigen würden.
Sind künstliche Blitze eine Idee?
In der Wissenschaft werden seit einiger Zeit auch künstlich Blitze erzeugt. «Dies primär im Labor zur Überprüfung von Schutzanlagen», erklärt Reinhold Bräunlich. Mit Blick auf die Energiegewinnung sei dies jedoch weniger interessant: «Auch hier stellt sich wiederum die Frage über das Aufwands-Leistungsverhältnis.» Es ist also schlicht und einfach finanziell nicht lohnenswert.
«Die Forschungen gehen beispielsweise mehr in die Richtung der Photovoltaik», erklärt Bräunlich. Ob also natürliche oder künstliche Blitze: Das Problem der drohenden Stromknappheit werden sie beide nicht lösen. Es müssen andere Lösungen gesucht und gefunden werden.
(bsv)