Neue Erkenntnisse

Familien-Drama Montreux: Einer nach dem anderen sprang vom Balkon

29.03.2022, 16:56 Uhr
· Online seit 29.03.2022, 11:29 Uhr
Vor fünf Tagen stürzte sich eine Familie von einem Balkon in Montreux in den Tod. Dabei kamen vier Personen ums Leben, der 15-jährige Sohn überlebte schwerverletzt. Nun hat die Polizei neue Erkenntnisse bekannt gegeben.
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Laut einer Mitteilung der Waadtländer Polizei hat sich die These des kollektiven Suizids bestätigt. Das Eingreifen Dritter lasse sich ausschliessen und es liege nahe, dass alle Opfer nacheinander vom Balkon gesprungen sind.

Die fünf Personen stürzten den Ermittlungen zufolge kurz vor 7 Uhr im Abstand von fünf Minuten nacheinander aus einer Höhe von mehr als zwanzig Metern ab. Die Polizei entdeckte eine Trittleiter auf dem Balkon – es wurden keine Spuren eines Kampfes gefunden.

In ihrem Bericht geht die Polizei auch auf die Lebensweise der verstorbenen Familie ein. «Seit Beginn der Pandemie interessierte sich die Familie sehr für Verschwörungs- und Survival-Thesen. Die Familie lebte praktisch autark und von der Gesellschaft zurückgezogen. Nur die Zwillingsschwester der Mutter arbeitete ausser Haus. Weder die Mutter noch das 8-jährige Mädchen wurden offiziell bei der Einwohnerkontrolle registriert, was den Mangel an Schulbildung für dieses Kind erklärt», schreibt die Kantonspolizei Waadt. «Aber es gibt keine Spur, die uns in zu einem sektenhaften Milieu führt», sagte Jean-Christophe Sauterel, Sprecher der Kantonspolizei Waadt gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Zustand des Sohns stabil

Weiter gibt die Polizei bekannt, dass der 15-jährige Sohn, der als Einziger den Sprung vom Balkon überlebte, noch immer im Krankenhaus liege und sich derzeit im Koma befinde. Sein Zustand ist stabil. Die Untersuchungsbehörden ordneten ausserdem Autopsien der Leichen an. Die detaillierten Ergebnisse der toxikologischen Analysen waren am Dienstag nicht bekannt, wie Polizeisprecher Sauterel sagte.

Angst vor Einmischung durch Behörden

Wie bereits bekannt, war der Heimunterricht des 15-jährigen Sohns der Grund für ein Verfahren des Oberamts gegen den Vater. Weil dieser einer polizeilichen Vorladung nicht Folge leistete, wurden zwei Gendarmen bei der Wohnung der Familie vorstellig. Die Ermittlungen deuteten daraufhin, dass die Familienmitglieder Angst vor einer Einmischung der Behörden in ihr Leben hatten.«Er war allen Vorladungen, die er erhalten hatte, nicht nachgekommen. Deshalb musste die Polizei eingreifen», erklärte Polizeisprecher Sauterel.

Keine Spuren eines Kampfes

Vor oder während der Tat hatte kein Zeuge irgendwelche Geräusche oder Schreie aus der Wohnung oder vom Balkon gehört. Zu diesem Zeitpunkt waren die seit 6.15 Uhr anwesenden Polizisten noch vor Ort. Passanten befanden sich zudem am anderen Ende des Mehrfamilienhauses. Die Polizei entdeckte eine Trittleiter auf dem Balkon und stellte keine Kampfspuren fest.

Die beiden Polizisten wollten in dem Gebäude in der Rue du Casino den Vorführungsbefehl für den Familienvater zustellen. Sie klingelten an der Tür und meldeten sich an. Da sie nicht eintreten konnten, gingen sie nach einer Wartezeit von einigen Minuten unverrichteter Dinge, wie dies die Vorschriften vorsehen. Danach stürzten sich die fünf Menschen in die Tiefe.

(red.)

veröffentlicht: 29. März 2022 11:29
aktualisiert: 29. März 2022 16:56
Quelle: ArgoviaToday

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