Über ein Jahrzehnt hielt der Huskyhalter Wolf B. die Schweizer Behörden auf Trab. 2008 wurde der Mann in St. Gallen wegen Tierquälerei verurteilt. Danach zog er in den Kanton Bern auf einen Hof im Emmental. Auch dort machte er sich bei den Behörden keine Freunde; der kantonale Veterinärdienst stellte fest, dass auf dem Grundstück zu viele Huskys gehalten werden und verlangte, dass die Zahl der Hunde reduziert wird.
Das Verfahren ging bis vors Bundesgericht. Im September 2018 eskalierte die Situation, der Kanton Bern beschlagnahmte in Röthenbach 34 Huskys. Wenige Monate später wanderte Wolf B. mit seiner Partnerin nach Schweden aus.
Auch in Schweden Kritik an Hundehaltung
Im hohen Norden schien Wolf B. zwischenzeitlich sein Glück gefunden zu haben. Der «Blick» berichtete 2022 vom Auswandererpaar in Schweden. Doch Dokumente zeigen, dass er sich auch in Schweden bald mit Kritik konfrontiert sah. Eine Klage wegen mutmasslich schlechter Hundehaltung wurde eingereicht und freiwillige Mitarbeitende kritisierten den Betrieb.
Es wurde Wolf B. beispielsweise vorgeworfen, dass die Tiere unregelmässig gefüttert wurden, dass der Futterbrei halb gefroren war, viele Hunde an Durchfall litten und die Huskys zu wenig Bewegung erhielten – einige hätten den Zwinger wochenlang nicht verlassen. Wie eine Verfügung des schwedischen Veterinäramts zeigt, welche der Today-Redaktion vorliegt, wurden bei Kontrollen tatsächlich viele Mängel bei der Tierhaltung festgestellt und gegen die Schweizer Auswanderer mehrere Anordnungen verfügt.
Verlorene Farm und festgeklebte Schlüssel
Im Februar 2024 verstarb die Partnerin des Züchters nach längerer Krankheit. Als alleinige Erbin wurde die in der Schweiz wohnhafte Tochter der Verstorbenen eingesetzt – mehrere Jahre zuvor hatte der Huskyhalter seinen ganzen Besitz an die Partnerin übertragen. In Schweden hätte der langjährige Partner Anrecht auf einen Anteil des Erbes, doch das Verhältnis des Auswandererpaars war zerrüttet. Es folgte ein Erbschaftsstreit, und der Huskyhalter liess mehrere Fristen verstreichen, um den Hof zu räumen. «Er ist nicht gewillt, mit uns zu sprechen oder eine Lösung zu finden», sagte die Tochter der verstorbenen Partnerin im Frühjahr zur «Berner Zeitung».
Im Sommer hat Wolf B. seinen Wohnort in Schweden schliesslich verlassen. Die Farm soll er aber in einem desolaten Zustand hinterlassen haben, wie Nadine Schneider, eine in den Fall involvierte Solothurner Hundetrainerin, gegenüber der Today-Redaktion erzählt. Bilder zeigen zerstörte Gegenstände, etwa abgeschlagene Auto-Rückspiegel. «Er hat alles kaputt gemacht, was man kaputtmachen kann», sagt Schneider. So soll er Scheibenwischwasser in Benzintanks gekippt oder Schlüssel in Schlössern festgeklebt haben.
So schlecht ging es den Hunden in Schweden
Den auf der Farm vorgefundenen 37 Huskys ging es anscheinend nicht viel besser. «Man denkt, es kann nicht mehr schlimmer kommen, und dann ist es trotzdem noch schlimmer», sagt die Tierschützerin Florence Wibring-Stern. Sie ist ebenfalls eine Schweizer Auswanderin, die in Schweden wohnt. Wibring-Stern war bereits bei der Sammelklage gegen die Huskyfarm involviert und wurde von der Erbin kontaktiert, um Anschlusslösungen für die Hunde zu finden.
Die Hunde auf dem Hof seien teilweise aggressiv gewesen und hätten Wunden gehabt – zum Teil seien Zähne der Hunde bis an die Wurzel gefault, erzählt die Tierschützerin. Einige Hunde waren sehr mager, andere zu schwer. «Die Tiere konnten seit Februar den Zwinger nicht verlassen», sagt Wibring-Stern. Die Hündin Mia, die in dieser Zeit Welpen bekommen hatte, habe Wolf B. verhungern lassen.
Wenn Wolf B. den Hof früher verlassen hätte, wäre es den Hunden deutlich besser gegangen, ist sich die Auswanderin sicher. «Und Mia wäre nicht gestorben – er hat geschaut, dass er noch so viel Unheil wie möglich anrichten kann.» Mit der Übernahme des Hofes wurden als Erstes Freiwillige organisiert, die den Hunden Bewegung verschafften.
Die Kosten für Pflege, Futter und neue Welpen wurden durch Spenden und die Erbin gedeckt. «Sie macht damit sicher kein Plus, im Gegenteil», so die Tierschützerin. Doch es gibt ein Happy End: Für alle Hunde konnte ein neuer Platz gefunden werden. Ein Grossteil der Tiere bleibt in Schweden, die anderen gehen nach Finnland, Deutschland, Belgien und in die Schweiz. Florence Wibring-Stern ist besonders froh, dass gute Lösungen gefunden werden konnten. Mehrere Hunde kommen auf Gnadenhöfe, einige jüngere Tiere, die noch als Schlittenhunde arbeiten können und wollen, konnten an eine zertifizierte Husky-Ranch vermittelt werden.
Doch damit nicht genug: Schneider und Wibring-Stern werfen Wolf B. vor, bei seiner Abreise zwei Hunde, zwei Katzen und diverses Material gestohlen zu haben. Florence Wibring-Stern, ihr Mann und der Testamentsvollstrecker hätten mehrere Anzeigen eingereicht. Aktuelle Anzeigen kann die schwedische Polizei auf Nachfrage der Today-Redaktion aber nicht bestätigen – auch nicht, dass nach Wolf B. gesucht werde. «Es bestehen Anzeigen, das ist ganz klar», sagt Wibring-Stern. Sie spricht von befangenen Polizisten vor Ort und dass Anzeigen unter den Tisch gekehrt werden. «Da kann man nur den Kopf schütteln.»
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Der Mann könnte sich in der Ostschweiz aufhalten
Dass er einmal in die Schweiz zurückkehren wird, war für Wolf B. bei seinem Abschied 2018 unvorstellbar. «100-prozentig nicht. Nicht einmal meine Asche», sagte er gegenüber «TeleBärn». Es wird dennoch vermutet, dass sich Wolf B. tatsächlich wieder in die Schweiz aufhält – Nadine Schneider hat etwa Hinweise, die auf eine Gemeinde in der Ostschweiz hindeuten. Auf Anfrage teilt die entsprechende Gemeinde mit, dass ihnen der Mann nicht bekannt sei.
Um Wolf B. wegen seines mutmasslichen Diebstahls anzeigen zu können, hat Nadine Schneider einen Suchaufruf in den sozialen Medien gestartet. Für das Auffinden werden mehrere Hundert Franken Belohnung in Aussicht gestellt. «Wir wollen seinen Wohnsitz, damit er auf legalem Weg zur Rechenschaft gezogen werden kann», so die Solothurner Hundetrainerin.
«Für mich ist klar, dass er in der Schweiz ist», sagt auch die in Schweden wohnende Florence Wibring-Stern. Für die Tierschützerin ist wichtig, dass er seine Taten nicht wiederholen kann: «Es wäre erschreckend, wenn wieder eine Frau auf ihn hereinfällt und er mit ihrem Ersparten wieder etwas aufbaut. Das wichtigste Ziel für uns ist, dass er keine Hunde mehr halten darf – das Elend muss ein Ende haben.»
Interessiert am Wohnort des Huskyzüchters dürfte auch der Kanton Bern sein. Mit der Beschlagnahmung der 34 Hunde vor sechs Jahren sind Kosten für das Veterinäramt angefallen. Wolf B. schuldet dem Kanton noch über 23’000 Franken, wie die «Berner Zeitung» im Sommer 2023 berichtete. Im Ausland werde der Beitrag nicht eingefordert, aber wenn der Huskyhalter in die Schweiz zurückkehrt, werde er zur Kasse geben, sagte das Amt für Veterinärwesen der Tamedia-Zeitung.
Eine Kontaktaufnahme der Today-Redaktion liess W.B. unbeantwortet.