Der St. Galler Sicherheits- und Justizdirektor Fredy Fässler (SP) informierte am Mittwoch gemeinsam mit Vertretern von Zoll, Polizei, dem kantonalen Migrationsamt und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) über die Situation. Alle involvierten Behörden stünden vor einer Herausforderung, die personelle Ressourcen binde.
Laut Markus Kobler, Chef Zoll Ost, nahmen die Einreisen von aus Österreich kommenden Migranten in Buchs SG seit Anfang Juli von wöchentlich fünf bis 15 sprunghaft zu auf bis zu 250 Personen pro Woche. Allein am Mittwochmorgen seien 38 illegal Einreisende mit dem Railjet aus Wien in Buchs SG eingetroffen.
Die rund 2500 Personen, die seit Anfang Juli illegal in den Kanton St. Gallen einreisten, seien überwiegend junge Männer und minderjährige Jugendliche aus Afghanistan. Rund 1400 von ihnen seien noch nicht 18 Jahre alt. Anders als bei der Flüchtlingswelle von 2015, seien keine Familien dabei.
Viele wollen weiter nach Frankreich
Etwa 80 Prozent der Eingereisten wiesen sich laut Kobler mit einer österreichischen Asylverfahrenskarte aus. Die meisten hatten zwischen 50 und 250 Euro, ein Handy und kaum Gepäck dabei. Die jungen Afghanen wollen meist nach Frankreich oder Grossbritannien weiterreisen.
Die Rückführung dieser Personen nach Österreich stelle die Behörden vor administrative Herausforderungen, sagte Bruno Zanga, Kommandant der St. Galler Kantonspolizei. Nach einer Sicherheitsüberprüfung und Identitätsabklärung in Buchs würden die Migranten zum Teil in eine Unterkunft nach Wil SG gebracht. Die meisten von ihnen tauchten dort sofort unter.
Inhaftieren können man diese Leute nicht, dafür fehle die Rechtsgrundlage, erklärte Zanga. Im Dezember soll ein Bearbeitungszentrum direkt in Buchs in Betrieb gehen. Allerdings dürften auch dort viele der Migranten untertauchen. Von den 2500 seit Juli illegal Eingereisten habe man praktisch keine nach Österreich zurück schicken können, sagte Zanga.
Gespräche mit Österreich
Laut Regierungsrat Fredy Fässler führt der Bund Gespräche mit Österreich über eine Revision des Rückübernahme-Abkommens. Das Ziel der Schweiz sei, das heutige Verfahren zu beschleunigen. Österreich scheine aber derzeit - angesichts der angespannten Lage in Polen und Weissrussland - kein grosses Interesse daran zu haben.
Sollte sich die Migration in Richtung Schweiz weiter verstärken, sei der Kanton St. Gallen auf Unterstützung der Bundesbehörden und der anderen Kantone angewiesen, erklärte Fässler. Die Armee an die Grenze zu stellen, komme für ihn aber nicht in Frage, betonte er auf die entsprechende Frage eines Journalisten.
Daniel Bach, Informationschef des SEM, rechnet damit, dass die Einreisen von Afghanen aus Österreich in die Schweiz noch ein paar Wochen andauern werden. Im Winter dürfte sich die Lage beruhigen, sagte Bach. Für 2022 erwartet das SEM ab dem Frühling erneut ähnlich hohe oder noch höhere Zahlen als im Sommer 2021.