Umwelt

Kohle treibt wachsenden ökologischen Fussabdruck von Plastik an

02.12.2021, 17:13 Uhr
· Online seit 02.12.2021, 17:05 Uhr
ETH-Forschende haben aufgedeckt, dass sich der globale Kohlenstoff-Fussabdruck von Plastik seit 1995 verdoppelt hat. Sie führen das hauptsächlich darauf zurück, dass die Kunststoff-Produktion in Ländern boomt, wo viel Energie aus klimaschädlicher Kohlekraft stammt.
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Der im Fachmagazin «Nature Sustainability» veröffentlichten Studie zufolge verursachten Kunststoffe im Jahr 2015 4,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Über die gesamte Wertschöpfungskette sei die Kunststoffproduktion für den allergrössten Teil (96 Prozent) des Kohlenstoff-Fussabdrucks verantwortlich, während Recycling, Verbrennung und Mülldeponien nur einen kleinen Anteil an der ökologischen Bilanz hätten, berichtet das Team um die ETH-Doktorandin Livia Cabernard.

Die Studie zeige, «dass der Kohlenstoff-Fussabdruck von Kunststoffen etwa doppelt so hoch ist, wie in Ökobilanzen bisher angenommen», sagte Andreas Köhler vom Öko-Institut im deutschen Freiburg gegenüber dem Science Media Center.

Die weltweite Nachfrage nach Plastik hat sich in den letzten vier Jahrzehnten vervierfacht. Um die Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Kunststoffen zu bestimmen, beschäftigten sich Studien bisher meist mit der Umweltverschmutzung durch Plastikmüll und Mikroplastik sowie der Kunststoffverbrennung. Der Herstellung wurde bisher kaum Aufmerksamkeit gewidmet.

Importierte Emissionen

Als die wichtigste treibende Kraft für den wachsenden CO2-Fussabdruck von Kunststoffen identifizierten die ETH-Forschenden das Wachstum der Kunststoffproduktion in Schwellenländern wie China, Indonesien und Südafrika, wo vor allem Kohle verbrannt wird, um Plastik herzustellen.

«Der kunststoffbedingte Kohlenstoff-Fussabdruck des chinesischen Verkehrssektors, der indonesischen Elektronikindustrie und des indischen Bausektors ist seit 1995 um mehr als das 50-fache gestiegen», liess sich Cabernard in einer Mitteilung der ETH Zürich vom Donnerstag zitieren.

Weil Länder mit hohen Einkommen zunehmend Kunststoffe aus kohlebasierten Ländern importieren, tragen sie wesentlich zum Anstieg des ökologischen Fussabdrucks bei. Obwohl die inländischen Treibhausgasemissionen von Plastik in der EU beispielsweise gesunken sind, hat sich der Kohlenstoff-Fussabdruck dennoch vergrössert. Zwei Drittel der Emissionen wurden im Jahr 2015 im Ausland ausgestossen. Für Australien, Kanada und die USA liege der Anteil der im Ausland verursachten Treibhausgasemissionen sogar noch höher, so die Forschenden.

Aus der Analyse ging ebenfalls hervor, dass die globale Gesundheitsbelastung von Feinstaub durch die Kunststoffproduktion um 70 Prozent gestiegen ist. Die Hälfte davon geht auf die Verbrennung von Kohle zurück.

Verbot macht wenig Sinn

Den Plastikverbrauch herunterzufahren und Recycling voranzutreiben, erachten die Studienautoren zwar als wichtig. Ein generelles Verbot von Kunststoffen sei jedoch kontraproduktiv, da alternative Materialien die Umwelt oftmals noch stärker belasten würden.

Sie plädieren daher für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohle, eine Umstellung auf erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Energieeffizienz in der Kunststoffproduktion. Weil entsprechende Investitionen durch fehlende wirtschaftliche Anreize derzeit behindert würden, brauche es eine CO2-Bepreisung. Das würde Investitionen in saubere Lösungen entlang der gesamten Kunststoff-Lieferkette attraktiv machen, so die Forschenden.

veröffentlicht: 2. Dezember 2021 17:05
aktualisiert: 2. Dezember 2021 17:13
Quelle: sda

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