Nationalrat

Krankenkassenprämien sollen mit 2 Milliarden verbilligt werden

16.06.2022, 09:04 Uhr
· Online seit 16.06.2022, 09:02 Uhr
Bund und Kantone sollen die Krankenkassenprämien mit über zwei Milliarden Franken zusätzlich verbilligen. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat einen indirekten Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative beschlossen, mit dem auch die Ratslinke leben kann.
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Nach sechsstündiger Debatte - verteilt über zwei Tage - nahm die grosse Kammer am Donnerstag ein alternatives Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung an. In der Gesamtabstimmung waren 119 Mitglieder dafür, 66 dagegen, 2 enthielten sich.

Grundsätzlichen Widerstand gab es nur von der SVP, die nicht auf den Gegenvorschlag zur SP-Initiative eingehen wollte und ihn auch nach der Detailberatung ablehnte. Die FDP war gespalten.

Die Mehrheit von SP, Grünen, Mitteund GLP wollen die bestehende Prämienverbilligung um über zwei Milliarden Franken ausbauen. Demnach sollen die Kantone mit einer Änderung des Krankenversicherungsgesetzes verpflichtet werden, einen minimalen Gesamtbetrag für die Prämienverbilligung einzusetzen.

Ratslinke für Initiative

Die ursprüngliche Prämien-Entlastungs-Initiative der SP verlangt, dass Versicherte höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben müssen. Wird diese Grenze überschritten, müssten Bund und Kantone mit Prämienverbilligungen einspringen - der Bund zu mindestens zwei Dritteln. Tiefere und zunehmend auch mittlere Einkommen könnten sich die Prämien nämlich nicht mehr oder kaum noch leisten, gab Mattea Meyer zu bedenken.

Gegenvorschlag als «echte Alternative»

FDP, Mitte und GLP sahen dies jedoch anders. Wie der Bundesrat waren sie für die Ablehnung der Initiative. Zusammen mit der SVP, die in diesem Bereich gar nicht handeln möchte, war die Allianz gegen die Initiative breit.

Schliesslich wurde die Nein-Empfehlung zur Initiative mit 121 zu 67 Stimmen beschlossen und der Alternativvorschlag angenommen. Dieser sei zwar noch immer teuer, hielt Ruth Humbel (Mitte/AG) fest. Die Prämienverbilligung sei jedoch eine wichtige Massnahme für den sozialen Ausgleich. Jörg Mäder (GLP/AG) bezeichnete den Gegenvorschlag der vorberatenden Nationalratskommission als «in sich stimmig» und als «echte Alternative zur Volksinitiative».

Auch die FDP sprach sich für den Gegenvorschlag aus. Das Problem der steigenden Prämien müsse aber an der Wurzel gepackt werden, sagte Regine Sauter (FDP/ZH). «Steigende Prämien bedeuten steigende Kosten.» Es brauche wirksame Massnahmen zur Dämpfung der Gesundheitsausgaben.

Teure Lösung für Bund und Kantone

Der Gegenvorschlag würde den Bund zusätzlich 1,3 Milliarden Franken und die Kantone zusätzlich 800 Millionen Franken kosten. In der Summe dürften Bund und Kantone zusammen rund 2,2 Milliarden Franken zusätzlich aufwenden. Aktuell belaufen sich die Kosten für die Prämienverbilligungen auf rund fünf Milliarden Franken.

Pierre-Yves Maillard (SP/VD) bezeichnete den Gegenvorschlag dennoch als «guten Kompromiss» und «Schritt in die richtige Richtung». Ob dies nun auch der Ständerat so sehen wird, ist fraglich. Verschiedene Rednerinnen und Redner im Nationalrat zweifelten daran, da die Kantone mit dem Gegenvorschlag finanziell eben stärker in die Pflicht genommen würden.

SVP spricht von «Placebos»

Nichts wissen von all dem will die SVP. Für Andreas Glarner (SVP/AG) ist das Modell der Prämienverbilligung «irreführend», weil es ausser massiven Kosten nichts gebracht habe. Bei der Initiative und dem Gegenvorschlag handle es sich um «Placebos».

Die SVP plädierte stattdessen dafür, auch die Prämienzahlenden in die Pflicht zu nehmen. Es gebe «hunderte Möglichkeiten», um den steigenden Kosten im Gesundheitswesen entgegenzuwirken. Eine davon sei Selbstverantwortung.

Die Vorlage geht nun zusammen mit einer zweiten, themenverwandten Volksinitiative an den Ständerat. In der ersten Sessionswoche hatte der Nationalrat fast sechs Stunden über die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei diskutiert. Er beschloss schliesslich einen indirekten Gegenvorschlag dazu. Eine knappe Mitte-Links-Mehrheit stimmte für gesetzlich festgelegte Kosten- und Qualitätsziele im Gesundheitswesen.

(sda/baz)

veröffentlicht: 16. Juni 2022 09:02
aktualisiert: 16. Juni 2022 09:04
Quelle: Today-Zentralredaktion

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