Schweiz

Krankenkassenverbände blockieren Reform des Gesundheitssystems

Tarif-Streit

Krankenkassenverbände blockieren Reform des Gesundheitssystems

· Online seit 08.08.2021, 11:53 Uhr
In der heute geltenden Tarifstruktur sind Preise für Behandlungen festgelegt, die es gar nicht mehr gibt. Neuere Methoden sind hingegen nicht definiert. Eine Reform wäre überfällig. Doch die beiden Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura stehen sich gegenseitig im Weg.
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Die Gesundheitskosten in der Schweiz steigen seit Jahren. Das schlägt sich auch im Portemonnaie der Prämienzahler nieder. Jährlich zahlen sie den Krankenkassen mehr ein, was regelmässig für Ärger sorgt. Nun zeigt sich, dass auch die Versicherer selbst eine Mitschuld tragen. Denn heute wird nach der Tarifstruktur «Tarmed» abgerechnet. Sie wurde vor zwanzig Jahren entwickelt und ist entsprechend veraltet, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Zum Beispiel würden darin Preise für Behandlungen festgelegt, die es gar nicht mehr gibt. Neuere Methoden sind dafür nicht enthalten. Trotzdem rechnen noch heute Ärzte, Spezialisten und Spitäler bei ambulanten Behandlungen nach Tarmed ab. Höchste Zeit also, dass eine Reform stattfindet. Rund ein Drittel jener Kosten, die die Versicherer bezahlen, müssen neu berechnet werden. Das macht 12 Milliarden Franken aus.

Doch das ist nicht so einfach. Gemäss Gesetz dürfen die Kosten bei der Einführung eines neuen Tarifs nicht steigen. Sie würden also umverteilt. Mitsprache haben Ärzte, Spitäler und Krankenversicherungen. Doch letztere sind in zwei Verbände unterteilt – Curafutura und Santésuisse. Und hier liegt das Problem: «Wir haben hier zwei Verbände mit starken Persönlichkeiten in Verwaltungsräten und Geschäftsführung, die sich gegenseitig blockieren», erklärt Fridolin Marty, Leiter Gesundheitspolitik beim Wirtschaftsverband Economiesuisse, der Zeitung. Santésuisse sei rückständiger als Curafutura, sagt Marty: «Die Führung trommelt stets, man wolle für den Versicherten sparen. Damit einher geht aber häufig eine Verweigerungshaltung. Die sorgt dafür, dass immer öfter der Staat verfügen muss.»

Beide Verbände bleiben stur auf ihrem Weg

Das passiert auch im Tarifstreit: Statt zusammenzuarbeiten hat Curafutura nun gemeinsam mit dem Ärzteverband und mehreren Kinderspitälern ein neues Tarifpaket erarbeitet. Doch der Bund ist nach mehrmaligem Überarbeiten noch immer nicht zufrieden. Eine kostenneutrale Einführung könne nicht garantiert werden, so eine der Begründungen des Bundesrats. Zudem wünscht er sich, dass Curafutura mit Santésuisse zusammenarbeitet. Letztere wiederum hat selbst ein Paket geschnürt, das bald vorgelegt werden soll. Beide kochen also ihr eigenes Süppchen.

Gesundheitsminister Alain Berset will die beiden Verbände zur Zusammenarbeit drängen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben sie sogar unterzeichnet. Dennoch gehen die Alleingänge weiter, schreibt die Zeitung. In Kürze soll es deshalb nochmals einen Runden Tisch geben.

veröffentlicht: 8. August 2021 11:53
aktualisiert: 8. August 2021 11:53
Quelle: ArgoviaToday

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