Experte gibt Antworten

Long Covid: Was weiss man darüber und was hilft?

· Online seit 07.07.2021, 05:35 Uhr
Viele Personen, welche mit Corona infiziert waren, leiden auch Wochen später noch an Langzeitfolgen. Ein Medikament gegen das Syndrom gibt es nicht. ArgoviaToday hat mit dem Oberarzt der Neurologie am Kantonsspital Aarau, Tobias Piroth, über das Syndrom gesprochen.
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Wenn die Corona-Infektion vorbei ist, kann man erst mal wieder aufatmen. Über die Nachwirkungen machen sich viele zu diesem Zeitpunkt noch wenige Gedanken. Erst später bemerkt man gewisse Langzeitfolgen – das «Long-Covid-Syndrom». Über Long Covid ist noch nicht viel bekannt und von einer einheitlichen Definition kann man noch lange nicht sprechen. Im Allgemeinen sind sich Experten aber einig, dass es sich bei dem Syndrom um den Folgezustand einer SARS-CoV-2-Infektion handelt.

Welche Langzeitfolgen können auftreten?

Betroffene klagen oft über Atemnot und dauerhafte Erschöpfung. Weitere Folgen können neurologische und psychische Symptome wie Depressionen sein. Aber auch der Geruchsverlust, den viele während der akuten Erkrankung haben, kann anhalten. Was genau bei den Betroffenen nach der eigentlichen Corona-Infektion passiert, ist bislang nur wenig erforscht.

Für Personen, die an Corona-Langzeitfolgen leiden, bietet das Kantonsspital Aarau eine «Long-Covid-Sprechstunde» an. Im Team mit dabei ist auch der Oberarzt der Neurologie vom Kantonsspital Aarau, Tobias Piroth.

In der Regel halten die Symptome nur wenige Wochen an. Laut Piroth kam es aber auch schon vor, dass die Symptome mehr als sechs Monate anhielten. Die Long-Covid-Betroffenen sind während dieser Zeit durch die Symptome im Alltag stark eingeschränkt: «Unseren Erfahrungen nach gibt es Betroffene, die erhebliche Schwierigkeiten haben, in das Berufsleben zurückzukehren», so Piroth.

Wer kann von Long Covid betroffen sein?

In ersten Untersuchungen wurde berichtet, dass vor allem Ältere und Personen, welche an Übergewicht leiden, ein höheres Risiko haben, an Long Covid zu erkranken. Auch Frauen sollen mehr davon betroffen sein. Laut Piroth können wahrscheinlich auch Kinder und Jugendliche an Long-Covid erkranken.

Covid-Genesene mit einem leichten Corona-Verlauf haben ein geringeres Risiko an Covid-Langzeitfolgen zu leiden, als Personen, welche zum Beispiel aufgrund eines schweren Verlaufs auf der Intensivstation beatmet werden mussten. Diese leiden vermehrt unter Lungenproblemen, aber auch oft an anhaltenden Konzentrationsstörungen und einer deutlich verminderten Belastbarkeit.

Wie viele Personen genau an den Langzeitfolgen leiden, kann man nur vage schätzen: «Die Methoden zur Erforschung des Syndroms sind sehr unterschiedlich. In den Studien werden daher verschiedene Häufigkeiten zwischen 10 und 60 Prozent der Infizierten angegeben.» Die Dunkelziffer dürfte jedoch gross sein.

Was kann man gegen Long Covid tun?

Eine Tablette oder Spritze gegen Long Covid gibt es bisher nicht, da der Verlauf des Syndroms bei jedem Patienten unterschiedlich verläuft und die möglichen Symptome vielfältig sind. Nach einer ausführlichen Abklärung der Symptomatik wird deshalb bei den Betroffenen eine Therapie verordnet. So empfiehlt man beispielsweise Personen, welche an verminderter Belastbarkeit oder rascher Ermüdung leiden, eine «Energiesparstrategie» durch ergotherapeutische Begleitung zu erlernen. Auch gibt es therapeutische Angebote für Patienten, welche unter einem anhaltenden Gefühl der Atemnot leiden.

Inzwischen gibt es Hinweise, dass die Corona-Impfung zu einer Besserung der Long Covid Beschwerden führen kann. Daher empfiehlt man Personen, welche nach längerer Zeit keine Besserung bemerken, die Corona-Impfung zur Behandlung der Symptome zu erwägen: «Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Krankheitsbild noch zu neu ist, um hier klare Empfehlungen auszusprechen», so Piroth. Ob die Impfung die Symptome lindert, ist noch nicht wissenschaftlich bewiesen.

veröffentlicht: 7. Juli 2021 05:35
aktualisiert: 7. Juli 2021 05:35
Quelle: ArgoviaToday

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