Rückenschmerzen-Patientin

«Mit Hypnose kann man das Problem tiefer angehen»

· Online seit 21.05.2022, 10:45 Uhr
Seit mehreren Jahren leidet Claudia Müller unter Rückenschmerzen, in den vergangenen Jahren haben sich diese sogar noch verstärkt. Geholfen hat der 50-Jährigen eine Hypnose-Therapie.

Quelle: PilatusToday / Anita von Rotz

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«Ich konnte vier Stunden am Stück liegen, dann musste ich wieder aufstehen, weil die Schmerzen unerträglich wurden», erzählt Claudia Müller von ihrem Leiden. Schon seit Jahren kämpft sie mit Rückenschmerzen, hatte diese aber relativ gut im Griff. Durch die Corona-Pandemie hat sich ihr Zustand verschlechtert. Weil andere Therapien wie Physiotherapie und Chiropraktische Therapie nicht angeschlagen haben, griff die 50-Jährige auf die Hypnose zurück. Zudem hatte sie den Eindruck, «dass bei mir das Problem im Unterbewusstsein liegt». Mit der Hypnose-Therapie wollte sie daher die Rückenschmerzen von einem anderen Punkt aus angehen.

Drei Sitzungen innerhalb von drei Monaten hat die Hypnosetherapeutin Gabriela Trippold mit Claudia Müller durchgeführt. Dabei standen vor allem die Themen Ängste und Entspannung im Vordergrund der Therapie – «dass ich meine Ängste und Anspannung loslasse», erzählt die von Rückenschmerzen geplagte Patientin. Auch Tipps, wie sie sich entspannen kann, war Teil der Therapie. Weiter hat die Therapeutin mit positiven Suggestionen gearbeitet, um die negative Gedankenspirale, in der sich Müller teilweise befand, aufzulösen. Denn die täglichen Schmerzen haben bei der 50-Jährigen dazu geführt, dass sie auch psychisch darunter litt. «Es waren Existenzängste da, ich wurde ausgebremst und hatte wegen Corona keine Macht mehr über mein Leben.» Dank der Therapie habe sie gelernt, wieder optimistischer zu sein. Claudia Müller ist überzeugt: «Mit Hypnose kann man das Problem tiefer angehen.»

Problem gezielt beleuchten

Von Hypnose als Behandlungsmethode überzeugt, ist auch die Fachärztin für Anästhesiologie und Schmerztherapie, Bettina Kleeb. Seit Jahren arbeitet sie in ihrem Alltag mit medizinischer Hypnose, sei dies im Operationssaal, in dem sie Patientinnen und Patienten statt in Narkose in Hypnose versetzt oder in der Schmerztherapie. Die Ärztin beschreibt Hypnose mit folgendem Bild: «Normalerweise ist alles beleuchtet, bei der Hypnose richten wir die Taschenlampe gezielt auf etwas Bestimmtes.» Dabei wird in der Medizin zwischen drei Bereichen unterschieden:

  • hypnotische Kommunikation, in der bewusst Wörter gebraucht werden, die etwas anderes auslösen,
  • medizinische Hypnose, in der man Operationen durchführen oder Schmerzen behandeln kann
  • therapeutische Hypnose, in der man im Unterbewusstsein an Probleme herangeht. 

Wobei die therapeutische Hypnose den geringsten Anteil der medizinischen Hypnose ausmacht, so Kleeb. Denn Medizinerinnen und Mediziner gehen davon aus, «dass, das Unterbewusstsein deshalb unterbewusst ist, weil es einen Grund gibt, dass etwas dort geschützt ist.» Wenn in der Medizin eine therapeutische Hypnose durchgeführt wird, wird diese deshalb im engen Austausch mit der Patientin oder dem Patienten geführt sowie eng psychiatrisch und psychisch begleitet, damit allfällig auftauchende Traumata fachspezifisch behandelt werden können.

Da sieht die Anästhesistin auch die grossen Schwierigkeiten der nicht-medizinischen Hypnose. «Es kann vorkommen, dass Sachen aus dem Unterbewusstsein hervorkommen, die wir bewusst verdrängt haben. Und die man als Therapeutin nicht will oder vielleicht auch nicht damit umgehen kann.» Wenn eine medizinische Grundausbildung vorhanden ist, kann dies eher aufgefangen werden. Auch bestehe die Gefahr, dass man zu schnell an Traumata herangeht und mit hinterlegten Suggestionen einen zu schnellen Lösungsansatz aufzeigt oder sogar vorgibt. Umso wichtiger sei ein respektvoller Umgang mit dem Patienten und deren Problemen. «Hypnose ist eine Haltung, die viel Demut und Respekt für den Menschen benötigt, den man in sein Unterbewusstsein begleitet», sagt Kleeb.

Die Hypnosetherapeutin Gabriela Trippold ist sich dieser Verantwortung bewusst. Und betont, dass sie gerade bei Depressionen und psychischen Problemen sehr vorsichtig sei und Hypnosen immer nur in Absprache des Patienten und dessen Psychiaterin oder Psychiaters durchführe.

Hypnose als Selbstheilung

Für Hypnose braucht es aber nicht nur eine geeignete Hypnosetherapeutin oder -therapeuten, sondern auch der Patient muss aktiv werden. Kleeb sieht Hypnose denn auch als Akt der Selbstheilung. «In der Schmerztherapie lernen die Patienten, sich selbst in Hypnose zu versetzen, die Schmerzen zu kontrollieren sowie diese umzubauen.» Und was besonders wichtig ist, der Schmerz habe immer auch eine Bedeutung. «Hinter dem Schmerz verbirgt sich immer auch ein grösseres Leiden», so die Anästhesistin.

Für die Patientin Claudia Müller sind ihre Rückenschmerzen dank der Hypnosetherapie erträglicher geworden, inzwischen kann sie wieder sechs Stunden am Stück durchschlafen: «Das ist für mich ein Highlight. Ich fühle mich gut, bin positiv und optimistisch.» Die 50-Jährige ist von der Hypnosetherapie überzeugt und lässt sich nun sogar zur Hypnosetherapeutin ausbilden und bietet selbst Therapien an.

veröffentlicht: 21. Mai 2022 10:45
aktualisiert: 21. Mai 2022 10:45
Quelle: PilatusToday

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