Schweiz

Nationalrat will Doppelnamen einführen, aber nicht für Kinder

Doppelnamen

Polit-Paar wünscht sich eine «Ziva Lin Marti Glättli»

· Online seit 15.03.2024, 07:01 Uhr
Der Nationalrat will Doppelnamen wieder einführen. Kinder sollen aber weiterhin nur einen Namen bekommen. SP-Nationalrätin Min Li Marti und ihr Ehemann, Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli, sind anderer Meinung.
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Sara heisst zum Nachnamen di Stefano*, ihr kleine Tochter heisst Duss* – wie ihr Papi. Das wird für die Mutter manchmal zum Problem. «Einen eingeschriebenen Brief für sie kann ich auf der Post nicht einfach so abholen», sagt die 33-Jährige aus Winterthur ZH. Dazu müsse sie die Geburtsurkunde ihrer Tochter vorweisen.

Ähnliches erlebte sie, als ihr Kind die erste Identitätskarte erhielt. «Weil sie einen anderen Namen hat als ich, musste ich zuerst wieder nach Hause gehen, um die Geburtsurkunde zu holen.» Nur so habe sie beweisen können, dass sie die leibliche Mutter sei.

Auch über die Landesgrenze kommt die Mutter mit ihrer Tochter ohne Papi nicht mühelos. «Habe ich hingegen die Vollmacht meines Mannes dabei, kann ich belegen, dass ich ihre Mutter bin und nicht etwa ein Kind entführen will», sagt di Stefano.

«Ich bin stolz auf meinen Nachnamen»

Bald schon wird sich di Stefano damit aber nicht mehr herumschlagen müssen. Im August heiratet sie ihren Partner und wird seinen Nachnamen annehmen. «Lieber hätte ich einen Doppelnamen», sagt di Stefano. So sei für alle klar, dass sie zu ihrer Tochter und ihrem künftigen Ehemann gehöre, ohne dass sie auf ihren Ledignamen verzichten müsse. «Ich bin stolz auf meinen Nachnamen und will diesen nicht abgeben.»

Die Chancen stehen gut, dass Nachnamen wie «di Stefano Duss» oder umgekehrt künftig möglich sind. Am Donnerstag sprach sich der Nationalrat für Doppelnamen von Eheleuten aus. Diese Option bestand bereits bis 2013, mit dem Ziel, die Gleichstellung zu fördern. Inzwischen stellt sich aber heraus, dass 70 Prozent der Frauen den Namen ihres Gatten annehmen, statt ihren eigenen zu behalten.

Für Kinder sieht der Nationalrat keine Doppelnamen vor. Er schickte eine entsprechende Reform des Namensrechts zur Überarbeitung an die zuständige Kommission zurück. Man verschiebe den Entscheid von den Eltern einfach auf die Kinder, argumentierte Mitte-Nationalrat Philippe Matthias Bregy in der Debatte. «Diese müssen sich dann, wenn sie mit ihren Partnern einen gemeinsamen Namen tragen wollen, entscheiden, ob sie sich für den Namen ihres Vaters oder ihrer Mutter entscheiden.»

«Das ist eine verpasste Chance»

Die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti machte sich vergeblich dafür stark, dass Doppelnamen auch für Kinder möglich sind. Der Widerstand enttäuscht Marti. «Das ist eine verpasste Chance», sagt sie zur Today-Redaktion. Viele Eltern hätten das Bedürfnis geäussert, dass auch der Nachwuchs zwei Namen tragen könne.

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Marti ist mit Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli verheiratet. Gemeinsam haben sie Tochter Ziva Lin. «Unsere Tochter heisst ‹Marti› zum Nachnamen», sagt sie. Sie könne sich vorstellen, dass es auch ihr Mann schön finden würde, wenn seine Tochter «Ziva Lin Marti Glättli» heissen könnte. «Gibt ein Ehepartner seinen Namen ab, verliert er auch einen Teil seiner Identität.»

Auch störe sie, dass die Gegner Doppelnamen für Kinder, sollten diese heiraten, als Loyalitätskonflikt darstellten, so Marti. «Dabei ist es kein Entscheid gegen die Mutter oder gegen den Vater, wenn sie einen ihrer beiden Nachnamen durch denjenigen ihres Partners ersetzen müssen.» Eine Entscheidung müsse man im Leben immer treffen – wenn es um das Heiraten gehe ohnehin.

«Telefonalarm würde unnötig kompliziert»

SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel heiratete ein Jahr, bevor der Doppelname abgeschafft wurde. «Zum Glück musste ich mich nicht zwischen meinem Namen und dem Namen meines Mannes entscheiden», sagt sie. Wichtig sei ihr «Fehr» in ihrem Namen, weil sie darunter ihre Dissertation geschrieben und ihre politische Karriere begonnen habe. Ihre Kinder hiessen dagegen lediglich «Düsel».

Auch sie spricht sich gegen Doppelnamen bei Kindern aus. «Ein Telefonalarm voller Kinder mit je zwei Namen ist unnötig kompliziert», sagt die Mutter zweier Primarschulkinder. Da der Name ihres Mannes auch in ihrem vorkomme, fühle sie sich ihren Kindern genauso zugehörig wie ihr Mann.

*Name der Redaktion bekannt.

veröffentlicht: 15. März 2024 07:01
aktualisiert: 15. März 2024 07:01
Quelle: ZüriToday

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