Wer Liebe gegen Geld sucht, möchte meistens anonym bleiben. Das Rotlichtmilieu wird immer brutaler und Prostituierte klagen über schlimmere Freier – vor allem seit der Corona-Pandemie. Damit das Geschäft mit der Liebe mehr Sicherheit für beide Parteien bietet, hat Arik Brückner «Choice» erstellt. Eine Plattform, wo Nähe wie Pizza bestellt werden kann – inklusive Kundenkonto.
Die Online-Plattform saferchoice.ch gibt es seit diesem Jahr. Sie bietet zahlreiche Profile von Personen aus der Schweiz, Deutschland, Holland, England und den USA, die für Dienstleistungen wie Spazierengehen, Händchenhalten oder auch Sex werben. Je nachdem, was der Kunde oder die Kundin für ein Bedürfnis hat, kann ein Angebot angeklickt und eine Buchungsanfrage verschickt werden. Dazu muss sich die Kundschaft jedoch auch registrieren. Wenn alles passt und die Beteiligten sich einig sind, kommt es zum Treffen.
Arik, wie bist du auf die Idee von Choice gekommen?
Als
ich nach dem vorherigen Unternehmensverkauf eine Auszeit nahm und nach einer
Idee gesucht habe, mit der ich Technologie und gesellschaftlichen Impact
verbinden kann. Beim Research nach gesellschaftlichen Herausforderungen bin ich
dann auf das Thema Einsamkeit gestossen und habe mich gefragt, wieso es keine
Möglichkeit gibt, bezahlte Gesellschaft auf moderne Art und Weise anzufragen. Es
wurde schnell klar, dass bezahlte Gesellschaft oft mit bezahlter sexueller Intimität
verbunden wird und es keinen modernen und sicheren Ansatz zur Abwicklung gibt. Meistens werden lediglich Telefonnummern bereitgestellt und die Koordinierung
und Abwicklung ist unreguliert, zum Nachteil aller Nutzenden, häufig aber der
Anbietenden.
Was sind die Vorteile von Choice für Anbietende und Kundschaft?
Anbietende: Verifizierte Kundschaft, sprich mit
Ausweis und Selfie, bald auch mit einem Profil. Selbstbestimmtheit, eine gesicherte Zahlung bei No-Shows, also eine Kaution, ein Feedback-System, falls sich
die Kundenseite nicht an die Verhaltensregeln hält. Wir sind in stetigem Austausch mit den Anbietenden, via Chat, Video und teilweise auch bei persönlichen Treffen und nehmen so Verbesserungen für die Plattform auf und kriegen auch ein Gespür für das Verhalten von Kunden, welches sonst schwieriger zu erfassen ist.
Kundschaft: Präzise Anfragemöglichkeit von Dienstleistungen auf dem ganzen Spektrum von bezahlter Gesellschaft, keine Fake-Profile, da wir sechs Verifizierungsstufen haben. Es wird nach jeder Buchung die Einhaltung der Verhaltensregeln abgefragt, Feedbackmöglichkeit bei Fehlverhalten auf Seiten der Anbietenden.
Was sind die Nachteile beider Seiten?
Kundschaft: Es muss Verantwortung in Bezug auf
die Einhaltung der Verhaltensrichtlinien übernommen werden. Preis- oder
Dienstleistungsverhandlungen sind nicht möglich und es gibt Fristen für
die Absage von Terminen. Die beträgt 24 Stunden vorher.
Anbietende: Eventuell aufwendiger Registrierungsprozess, weil die Profile nicht direkt freigeschaltet werden, sondern häufig einzelne Prüfungen notwendig sind. Auch Anbietende müssen Verantwortung in Bezug auf die Einhaltung der Verhaltensrichtlinien übernehmen.
Sind auf der Plattform nur Sexangebote?
Nein.
Es ist wichtig bei Anbietenden auf Choice nicht nur von Sexarbeitenden
auszugehen. Bis jetzt waren ein Drittel der Buchungen ausschliesslich für Gesellschaft oder Nähe ohne sexuelle Dienstleistungen. Es gibt auch immer mehr Anbietende, welche
keine sexuellen Dienstleistungen anbieten und sich selbst auch nicht als Sexarbeitende
bezeichnen würden.
Wer
entscheidet, ob eine Buchung stattfindet oder nicht?
Es
können ausschliesslich Buchungsanfragen gemacht werden. Das heisst, die
anbietende Person kann die Buchung entweder annehmen, ablehnen, eine neue Zeit,
ein neues Datum oder chatten vorschlagen, um mehr Informationen für die
Entscheidung zu erhalten. Bei einer Ablehnung fragen wir nach, ob es zu
Fehlverhalten auf der Kundenseite gekommen ist.
Wer bestimmt den Angebotspreis?
Name ist hier Programm: Your Choice. Die Anbietenden bestimmen alles selbst, auch die Preise.
Bist du ein stiller Mitleser bei den Unterhaltungen?
Nein,
wir haben keine Einsichtmöglichkeit in die Chats und die Kommunikation
zwischen den Nutzenden. Wir verlassen uns auf die Nutzenden, allfälliges
Fehlverhalten zu melden, sodass wir entsprechende Schritte wie Verwarnung oder Sperrung des Accounts vornehmen können.
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Choice gibt es in der Schweiz, England, Holland, Deutschland
und den USA. Wo läuft es am besten?
Für
eine Aussage dazu ist es noch zu früh. In der Schweiz kommt es jedoch aktuell zu den
meisten Buchungen, danach England und dann die USA.
Bestellt man auf Choice Angebote wie eine Pizza bei just-eat.ch?
Fast. Aus Sicht der Kunden und Kundinnen sind es drei Schritte. Zuerst muss die Dienstleistungskategorie Gesellschaft oder Intimität ausgewählt werden. Danach die passende anbietende Person suchen und dann die Buchungsanfrage abschicken, welche eine Ausweisprüfung mit Selfie sowie Kaution
für den gesamten Betrag voraussetzt.
Wie ist die Resonanz bis jetzt?
Positiv und entgegen den Kritiken.
Sind nur weibliche Anbietende auf deiner Plattform?
Nein. Wir heissen Anbietende jeglichen Geschlechts und sexueller Ausrichtung willkommen. Das Konzept der Inklusivität bei
bezahlter Gesellschaft wurde aus unserer Sicht
historisch vernachlässigt, auch seitens der Kundschaft. Denn es gibt keine Plattform, welche den Fokus auf
Sicherheit legt und dies gerade bei weiblicher Kundschaft im Vordergrund steht.
Hast du selbst auch schon Sex gekauft?
Ja, das habe ich. Nachdem eine fast zehnjährige Beziehung endete.
Ist diese Erfahrung in die Choice-Idee eingeflossen?
Nicht wirklich. Wir entwickeln Funktionalitäten basierend auf Statistiken und grösseren Umfragen, nicht auf einzelnen Erfahrungen.
Was sind deine Erwartungen?
Bezahlte Gesellschaft soll in unsere Wirtschaft und dem Zusammenleben mit den gleichen Rechten und Pflichten integriert werden. Menschen jeglichen Geschlechts und
sexueller Orientierung sollen auf ethische, sichere und moderne Art und Weise bezahlte
Gesellschaft anbieten und anfragen können. Bezahlte Gesellschaft soll als Ganzes legalisiert und reguliert werden, sodass
lediglich der einvernehmliche und selbstbestimmte Markt volljährigen Personen zur Verfügung steht.
Was verdienst du bei einer Buchung?
Wir verrechnen eine Buchungsgebühr von zehn Prozent ab der zweiten Buchung, welche wir zu den Preisen der Anbietenden addieren. Zudem fliessen je fünf Prozent der Aktien, des Gewinns und der Zeit der Mitarbeitenden in eine
Stiftung, welche dann wiederum den Zweck hat, die Anbietenden zu unterstützen. Unabhängig davon, ob diese ein Profil bei Choice haben.
Würdest du dich als modernen Zuhälter
bezeichnen?
Nein. Die Frage ist aber wichtig, um die
Missinformation in der Gesellschaft zu korrigieren. Umgangssprachlich wird Zuhälterei mit der Intermediation einer Transaktion von bezahlter sexueller
Intimität gleichgestellt. Im rechtlichen Sinn beinhaltet Zuhälterei oft die
Anwendung von ausnützerischen Geschäftsmodellen, Drohungen und so weiter. Von all diesen Eigenschaften distanzieren wir uns
vehement.