«Ehe für Alle»

Samenspende: Das würde sich für lesbische Paare bei einem Ja ändern

· Online seit 13.09.2021, 05:45 Uhr
Schon bald stimmt das Schweizer Stimmvolk über die «Ehe für Alle» ab. Mit einem Ja zu dieser Vorlage würde in der Schweiz dann auch die Samenspende für verheiratete lesbische Paare möglich werden. Mischa Schneider, leitender Arzt am Kinderwunschzentrum Baden, erklärt, was dies konkret heisst.
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Wer in der Schweiz mittels Samenspende ein Kind bekommen will, hat es nicht einfach. Die rechtliche Lage ist für unverheiratete Paare – egal ob hetero- oder homosexuell – schwierig.

Mischa Schneider, leitender Arzt am Kinderwunschzentrum in Baden, erklärt: «Im Moment ist die Inseminationstherapie mit einer Samenspende, also das ‹Einspritzen von Spermien›, in der Schweiz nur dann erlaubt, wenn eine Ehe besteht. Heisst: Auch heterosexuelle Paare, die nicht verheiratet sind, haben in der Schweiz keinen Zugang zur Samenspende. Lesbische Paare, die ja gar nicht verheiratet sein können, haben diesen Zugang momentan ebenfalls nicht. Wir als KiWu-Zentrum durften bisher gar nichts machen. Ausser vielleicht die Patientinnen informieren, wie es in etwa ablaufen würde oder ihnen sagen, wo sie sich weiter informieren können. Mehr aber nicht.»

Das könnte sich nach der Abstimmung ändern

Sollte die «Ehe für Alle» inklusive Samenspende für lesbische Paare angenommen werden, würde sich dies ändern: «Sobald das neue Gesetz kommen würde, stünde die Samenspende auch den lesbischen Ehepaaren zur Verfügung. Dann würden wir beispielsweise den Zyklus kontrollieren, mit einem Schweizer Samenspendezentrum zusammen arbeiten und am richtigen Tag alles für die Samenspende vorbereiten können.» Die Insemination wäre dann also auch in der Schweiz relativ unkompliziert – und vor allem auch legal – möglich.

Die neue Rechtslage würde laut Schneider sicherlich auch für mehr Nachfrage sorgen. Bereits in den letzten Jahren sei der Kinderwunsch von lesbischen Paaren immer weniger ein Tabu-Thema geworden. Viele Paare hätten sich informiert oder sogar beraten lassen, welche Wege möglich wären.

Wie wirbt man neue Spender an?

Diese erhöhte Nachfrage zu decken, könnte aber schwierig werden. In der Schweiz sei das Anwerben von neuen Samenspendern nämlich deutlich schwieriger als in anderen Ländern, so Schneider: «Im Ausland funktioniert es oft durch finanzielle Anreize. In der Schweiz ist dies nur begrenzt möglich. Der Betrag, der in der Schweiz erlaubt ist, würde nur wenige Männer dazu animieren, Samen zu spenden.»

Die meisten Samenspender würden deshalb aus altruistischen Gründen handeln, also weil sie denken, dass sie mit ihrer Handlung anderen Leuten weiter helfen können. Solche Spender finde man «in einer egoistischen Gesellschaft» aber immer seltener, erklärt Schneider.

Diese Rechte hat ein Spender

Als Samenspender hat man fast nirgends ein Mitspracherecht. So ist es zum Beispiel auch nicht möglich, zu bestimmen, für wen die Spende verwendet wird. Ein Spender kann also nicht entscheiden, ob seine Samen für ein hetero- oder homosexuelles Paar verwendet werden. Schneider sagt: «Man gibt die Samen ab und hat keinen weiteren Zugriff darauf, was mit diesen Samen passiert. Man hat keinen Einfluss darauf, wie die Samen verwendet werden. Experimente mit den gespendeten Samen sind allerdings verboten.»

Wenn das Kind geboren ist, ist der Spender dann allerdings rechtlich stark abgesichert und das Paar, das die Samenspende erhalten hat – respektive das daraus entstandene Kind – hat relativ wenig Rechte: «Bei einer Samenspende ist eine Vaterschaftsklage ausgeschlossen. Man kann den Samenspender also nicht zu Alimenten oder einer Vaterschaftsanerkennung zwingen. Es ist heute so, dass Kinder in der Schweiz das Recht haben, (sobald sie 18 Jahre alt sind) zu erfahren, wer ihr Samenspender ist. Sie können ihn kontaktieren, haben aber kein Recht, den Samenspender kennenzulernen», klärt Schneider auf.

Abstimmungsinfo

Die Abstimmung zur «Ehe für Alle» in der Schweiz ist am Sonntag, dem 26. September. Bis am Dienstag, 21. September, kann noch brieflich abgestimmt werden. Alle wichtigen Informationen zur Abstimmung findest du im Video.

veröffentlicht: 13. September 2021 05:45
aktualisiert: 13. September 2021 05:45
Quelle: ArgoviaToday

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